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    Refugee Report I

    Themen aus unserer Praxis

    Auch heute wollen wir euch wieder Einblick in unser Tun geben. Wie immer gilt: Lesen auf eigene Gefahr. Wir wollen ja nicht, dass ihr euch vor lauter Kopfschütteln den Nacken verrenkt.

    Pflegeschreck Jobcenter

    Eine der zukunftsträchtigsten Ausbildungen, die man in einem alternden Deutschland machen kann, ist der Gang in die Pflege. Ein junger Familienvater aus Nigeria, in einem Brandenburgischen Kaff an der Grenze zu Sachsen-Anhalt wohnhaft, ist fest entschlossen, eine Ausbildung zum mobilen Pflegehelfer zu machen. Das zuständige Jobcenter müsste nur die Kosten dafür übernehmen. Die Weiterbildungsmaßnahme würde auch den Erwerb eines Führerscheins beinhalten, welchen man als mobiler Pflegehelfer doch ganz gut brauchen könnte. Doch genau da sperrt sich das Jobcenter. Der Erwerb eines Führerscheins gehöre nicht zu den Aufgaben der aktiven Arbeitsförderung. Es seien anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten zu prüfen. Und da in der Region ausreichend Stellen in stationären Einrichtungen vorhanden seien, sei der Führerschein in die Integration in Arbeit nicht notwendig. Unser Vorschlag zur Güte: Unnütze Jobvermittler entlassen und das eingesparte Geld in die berufliche Zukunft jener Menschen investieren, die tatsächlich einen gesellschaftlich wertvollen Beitrag leisten wollen.

    Betrogen bei der Wohnungssuche

    Man stelle sich einen syrischen Geflüchteten Mitte 20 vor, der 2015 nach Deutschland gekommen ist. Sein Deutsch ist mindestens auf C1-Niveau, er studiert in Berlin und arbeitet nebenbei in der Gastronomie. Also alles in Butter? Nein, seine Wohnverhältnisse sind prekär und er sucht schon länger eine neue Wohnung. Nach vielen Frustrationen, die eine Wohnungssuche heutzutage mit sich bringt, wähnte er sich im Glück. Er antwortete auf eine private Annonce, wurde zu einer Besichtigung der Wohnung in Neukölln eingeladen. Für eine Abstandszahlung von 6000 Euro würde er die Wohnung vom Vormieter übernehmen können. Er kratzte das Geld zusammen. Alles schien so zu laufen, wie es dieser Tage halt bei der Wohnungssuche so läuft. Die Schlüssel zur Wohnung würde er bei Auszug des Vormieters erhalten. Kaum war das Geld übergeben, herrschte plötzlich Funkstille. Auf keinem der bisherigen Kontaktkanäle gab es irgendeine Form von Rückmeldung. Der Syrer erstattete Anzeige. Fuhr mehrfach zur Wohnung, wo er niemanden antraf. Erst Wochen später öffnete eine ihm unbekannte Person die Tür. Es war der eigentliche Mieter der Wohnung. Dieser hat die Wohnung mehrere Monate zwischenvermietet gehabt. Allem Anschein nach hatte der vermeintliche Zwischenmieter eine in den Details raffinierte Betrugsmasche aufgezogen. Eine Nachfrage bei der Polizei ergab, dass diese den Betrug zwar ans LKA weitergeleitet hatte, aber angesichts des geringen Betrags dem Fall nur geringe Aufmerksamkeit geschenkt werden würde. Der Syrer ist geknickt, blickt bei der Wohnungssuche freilich wieder nach vorn und stellt sich dabei folgende Frage: Warum nur ist es ausgerechnet ihm nicht möglich, auf bestechliche Mitarbeiter*innen städtischer Wohnbaufirmen zu treffen und auf diese Weise eine Wohnung zu ergattern? Er höre immer davon, aber Namen wolle niemand rausrücken…

    Rassismusvorwurf gegen Security bei Kaufland

    Zunächst die Fakten: Es geht um einen Diebstahl von einer Packung Salamisticks und eines Kosmetikartikels in der Höhe von unter 3,44 Euro in einem großen Supermarkt nahe dem Alexanderplatz. Dieser Tage flatterte der Strafbefehl ins Haus. 40 Tagessätze zu je 15 Euro, also insgesamt 600, solle der Geflüchtete zahlen. Falls bei ihm nichts zu holen sei, tritt an Stelle eines Tagessatzes ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe. Dass laut Strafbefehl an der Strafverfolgung ein besonderes öffentliches Interesse besteht, daran haben wir keinen Zweifel. Der Verurteilte widerspricht der Darstellung des Securitymitarbeiters, spricht davon, dass ein arabisch sprechender Securitymitarbeiter besonders Menschen mit schwarzer Hautfarbe auf dem Kieker habe. Das alles ist nicht nachprüfbar. Dass dieser Securitymitarbeiter mit Migrationshintergrund im Strafbefehl nicht als Zeuge genannt wird, ist merkwürdig. Stattdessen wird als Zeuge ein Name genannt, der sehr deutsch und doch einigermaßen einzigartig klingt. Wer diesen Namen googelt, stößt auf ein Facebook-Profil, welches allein in den letzten 2 Wochen zwei Aussagen von Alice Weidel öffentlich geteilt hat. Der Rassismusvorwurf, den der verurteilte Geflüchtete äußert, klingt aufgrund dessen nicht wirklich unglaubwürdiger. Kann es sein, dass Kaufland da mal genauer hingucken sollte? Was glaubt ihr? Lohnt es, hier nachträglich noch einen Anwalt einzuschalten?

    Im Tschad brennts

    Ein Putsch im Niger, eine abgesetzter Präsident in Gabun. Vom schlimmen Bürgerkrieg im Sudan ganz zu schweigen. In Afrika geht es gerade ab. Doch was es zu uns in die Nachrichten schafft, ist nur die Spitze des Eisbergs. Dass schwarze Menschen, die als Minderheit seit Jahrzehnten im Süden Libyens leben, nun aus ihren Viertel vertrieben und in Gefängnislager gesperrt werden, bleibt beispielsweise unerwähnt. Auch der Umstand, dass es in Faya, einer Oasenstadt im Norden Tschads, gerade massive Unruhen gibt, ist der europäischen Öffentlichkeit nicht bekannt. Die hiesige Bevölkerung wendet sich gerade gegen französische Soldaten der Militärbasis der Stadt, nachdem französische Soldaten aus vermeintlicher Notwehr heraus Exekutionen im Kopfschuss-Stil begehen. Diese Auflehnung gegen die französische Besatzung reiht sich nahtlos in die jüngsten Hiobsbotschaften aus dem Land ein. Da wäre der große Ansturm vor dem Krieg flüchtender Menschen aus dem Sudan, damit verbunden ist in dieser Gegend eine massive Hungersnot und eine medizinische Katastrophe. Dazu drohen die bereits begonnenen Vertreibungen aus Libyen. Und da wäre noch der von Frankreich und vom Militär gestützte Diktator, der immer neue Gründe findet keine Wahlen abzuhalten. Unsere tschadischen Freunde werden in den nächsten Wochen auch mit Demos auf den skrupellosen französischen Neokolonialismus aufmerksam machen.

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    3-mal Stirnrunzeln!

    Geht bitte weiter! Es gibt außer Sorgenfalten heute nichts zu sehen. Und die Sorgenfalten findet man derzeit ohnehin an jeder Straßenecke. Es gibt also wirklich nichts zu sehen. Falls ihr doch weiterlesen wollt, tut euch keinen Zwang an.

    Vorab wie immer die Bitte: Wenn ihr in schwierigen Zeiten Geld übrig habt, wären wir sehr dankbar. Auch wir merken die schweren Zeiten, diesen Monat hatten wir Spenden von knapp über 100 Euro zur Verfügung. Unser Spendenlink: https://paypal.me/neukoellnhilft

    Die erste Sorgenfalte widmen wir heute der Agentur für Arbeit Zossen. Ein Geflüchteter hatte einen bis 05.07.2022 befristeten, zweijährigen Arbeitsvertrag. Obwohl er eigentlich auf eine Verlängerung hoffte, meldete er sich den Vorschriften entsprechend laut Arbeitsagentur am 06.04.2022 als arbeitssuchend. Tatsächlich wurde sein Vertrag nicht verlängert. Nach knapp über einem Monat Arbeitslosigkeit hat er inzwischen wieder einen Job gefunden. Nun flatterte ihm aber ein Brief der Arbeitsagentur ins Haus. Es ging um eine Anhörung bezüglich Sperrfrist, weil er sich laut Agentur für Arbeit einen Tag zu spät arbeitssuchend gemeldet habe. Eine diesbezügliche Meldung hat nämlich spätestens 3 Monate vor dem Ende des Arbeitsvertrages zu erfolgen. Der Geflüchtete ist fest davon überzeugt, dass das Eingangsdatum seiner Meldung falsch ist, diese am 05.04. erfolgt sei. Aber Sperrfristen werden halt gerne reingewürgt, weil auf diese Weise eine Woche Arbeitslosengeld nicht ausgezahlt werden muss. Nun kann man argumentieren, dass Gesetz halt Gesetz ist. Aber wegen einem vermaledeiten Tag gerade jetzt jemanden ohne Rücklagen in eine finanzielle Schieflage zu bugsieren, ist schlicht und ergreifend Mist. Großer Mist!

    Die zweite Sorgenfalte gehört der Ausländerbehörde in Oranienburg, die der Landkreis Oberhavel euphemistisch Servicepunkt Migration nennt. Ein Geflüchteter, in seiner Heimat Lehrer gewesen, lebt seit 5 Jahren in Deutschland. Er hat nur eine Duldung, das bedeutet, dass Beschäftigung höchstens mit Genehmigung der Ausländerbehörde gestattet ist. Geflüchtete müssen erst einen Arbeitgeber finden, der ein verbindliches Arbeitsangebot zur Vorlage bei der Ausländerbehörde abgibt und zudem bereit ist, darauf zu warten, bis die Ausländerbehörde grünes Licht gibt. Falls sie es denn tut. Nun schien es, als habe der Geflüchte nach zahlreichen Anläufen endlich Glück. Das Vorstellungsgespräch bei einer Zeitarbeitsfirma lief gut. So gut sogar, dass die Zeitarbeitsfirma versprach, alles mit der Ausländerbehörde zu klären. Im August machte sich der Geflüchtete nach Baden-Württemberg auf, um dort als Lagerhelfer zu arbeiten. Vor einigen Tagen kam er zurück nach Brandenburg, um seine Duldung verlängern zu lassen. Und er staunte nicht schlecht. Bei der Ausländerbehörde wusste man angeblich nichts von seiner Arbeitsaufnahme und schrieb gleich ein Beschäftigungsverbot in die Duldung rein, man drohte ihm mit weiteren Konsequenzen. Jetzt ist er fassungslos und hilflos und ein Häufchen Elend. Weshalb er das Geld von der Arbeit gut gebrauchen könnte? Beispielsweise um seinen Anwalt zu bezahlen, der von ihm noch über 700 Euro einfordert. Übrigens, der Anwalt wurde vor langer Zeit schon gebeten, mit der Ausländerbehörde in Kontakt zu treten, um einer Zustimmung zur Arbeitsaufnahme den Weg zu ebnen. Damals hat er keinen Finger gerührt. Bezahlt werden will er trotzdem. Von welchem Geld?

    Die dritte Sorgenfalte ist höherer Gewalt geschuldet. Der schon mehrfach erwähnte Umzug der leidgeprüften Mutter mit Kind von Niedersachsen nach Berlin geht uns auch an die Nieren. Was eigentlich gut eingefädelt war, entpuppte sich auch durch höhere Gewalt nun als Show der Pleiten, Pech und Pannen. Ein Treppensturz der Mutter hat eine fristgerechte Übergabe der alten Wohnung verhindert. Eine schmerzhafte Entzündung mit mehren Arztbesuchen tat ihr Übriges. Die Vermieterin der alten Bruchbude zeigte sich völlig unkooperativ und überhäuft sie mit Nachforderungen. Das abgebende Jobcenter reagiert auf Ansuchen sehr träge. Vom neuen Jobcenter hier in Berlin ist auch noch kein Geld geflossen. Wir kommen aus dem Fluchen nicht raus. Diese Woche steht nun die finale Schlüsselübergabe an, mit weiteren Eskalationen ist zu rechnen. Der einzige Lichtblick ist, dass sich das Kind gut in die neue Schule eingewöhnt hat und Lernfortschritte macht. Wenigstens unter diesem Aspekt hat sich der Umzug gelohnt. Sobald auch die Mutter nach vorne schauen kann, wollen wir sie ans Familienzentrum Balance anbinden. Es wird Zeit, dass es aufwärts geht!

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    Jobcenterallüren und ein Hindernis beim Aufenthaltstitel

    Es ist mal wieder an der Zeit, euch ein Update zu geben, was uns derzeit so umtreibt. So optimistisch, wie wir hoffentlich sonst tönen, wird es diesmal leider nicht. Umso mehr würden wir uns freuen, wenn ihr euch ein paar Minuten Zeit für das Lesen dieser Zeilen nehmt.

    Vorab wie immer aber die große Bitte: Falls ihr trotz aller Widrigkeiten den einen oder anderen Euro übrig habt, dann wären wir für die bitter benötigte Unterstützung sehr dankbar: PayPal.Me/neukoellnhilft

    Beginnen wir den Bericht doch mit ein Jobcenterallüren. Ein Geflüchteter ist dem Leistungsbezug vor ein paar Monaten entflohen. So glaubte er zumindest. Doch der Papierkrieg hört nicht auf. Zum einen, weil das Jobcenter eine Überzahlung festgestellt hat und diese zurückfordert. Die Überzahlung ist auch unbestritten. Ebenfalls klar wie Kloßbrühe ist, dass ihm für einen anderen Monat zustehende Leistungen vorenthalten wurden. Was nach einem Nullsummenspiel klingt, ist längst eine Farce. Denn während das Jobcenter zur Prüfung des Anspruchs bereits eingereichte Belege (Kontoauszüge, Lohnzettel) nochmals haben möchte und die Angelegenheit damit künstlich in die Länge zieht, hat es andererseits das Inkasso-Service der Arbeitsagentur flugs mit der Eintreibung des überzahlten Betrags beauftragt. Auf ein Ratenzahlungsansuchen, das eigentlich nur dazu diente, Zeit bis zur Klärung zu gewinnen, kam als Replik vom Inkasso ein langer Fragebogen über die wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die Aufforderung Gehaltszettel der vergangenen Monate beizubringen. Aber pronto, weil sonst die Zwangsvollstreckung eingeleitet wird. Eine Eskalation ohne Not!

    Besagtes Berliner Jobcenter ist uns mit seiner Verzögerungstaktik bereits bestens bekannt. Ein anderes Schicksal, welches ich begleite, hatte im Frühjahr eine schlimme Zuspitzung erlebt. Hier werkt schon längst ein Anwalt, der Fall wird gerichtlich geklärt werden müssen. Was ist geschehen? Eine junge Frau musste ihr WG-Zimmer Hals über Kopf verlassen, weil sie vom Hauptmieter belästigt wurde. Sie teilte dem zuständigen Jobcenter mit, dass sie deshalb auf Wohnungssuche sei. Über den Bekannten eines Freundes wurde sie auch fündig. Da alles ganz schnell gehen musste, unterschrieb sie gleich den Untermietvertrag. Das war dem neuen „bösen“ Jobcenter ein Dorn im Auge, weil das Wohnungsangebot nicht zuvor zur Genehmigung vorgelegt wurde. Was dann begann, entwickelte sich zum Albtraum für die junge Frau. Über Monate gab es keinen Cent vom aufnehmenden Jobcenter. Weder für die anfallende Miete, noch zur Lebenssicherung. Bescheiden wurde – auch mit geballter juristischer Kompetenz – widersprochen, ohne Resultat. Das ging über fünf Monate so. Der Bekannte der jungen Frau ließ sie trotz enormer Mietschulden weiter wohnen, weil auch er davon ausging, dass das Jobcenter weiter zahlen würde. Doch das Jobcenter schaltete auf stur. Und das führte letztlich dazu, dass die junge Frau einen Nervenzusammenbruch erlitt und viele Wochen in einer Berliner Klinik stationär versorgt werden musste. Da sie wegen dem Hin und Her mit dem Jobcenter nicht krankenversichert war, liefen auch hier Kosten von weit über 10000 Euro auf. Da sogar der Sozialdienst des Krankenhauses auf Granit biss, habe ich dann einen Anwalt aufgetrieben. Was sich als fast ein Jahr dauernde Horrorstory erwiesen hat, scheint nun allmählich überwunden. Dieser Tage hat die junge Frau ihre Immatrikulationsbescheinigung erhalten, BAföG ist bereits beantragt, kurzum die Zuversicht ist zurück. Apropos Zuversicht, der Anwalt ist sich sehr sicher, dass das Jobcenter vor Gericht sein blaues Wunder erleben wird.

    Ein Fall lässt mich im Moment ein wenig ratlos zurück. Ein bestens integrierter Geflüchteter, der seit bald 7 Jahren in einem Berliner Handwerksbetrieb arbeitet, dort auch seine Ausbildung gemacht hat, hat folgendes Problem: Er hatte von der Ausländerbehörde eine Ausbildungsduldung erhalten und endlich nach all der Zeit wird ihm nun ein Aufenthaltstitel in Aussicht gestellt. Das klingt toll, hat aber einen Haken. Er wohnt in einer Projekt-WG in Berlin, verfügt aber der Zuständigkeit wegen über eine Postadresse im Landkreis Havelland. Der Ausländerbehörde genügt die Adresse freilich nicht, er soll einen Mietvertrag vorlegen. Das ist jedoch bei der Postadresse nicht möglich. Eine Anmeldung in Berlin würde wiederum die Ausländerbehörde nicht akzeptieren. Wie also kommt er an eine temporäre Anmeldung samt kurzfristigem Mietvertrag irgendwo im Havelland, um damit den Anforderungen der Ausländerbehörde zu genügen? Es geht nicht darum, zu irgendeinem Zeitpunkt wirklich dort zu wohnen. Ich habe bereits herumgefragt, bislang leider ohne Erfolg. Falls jemand der Mitlesenden einen Impuls hat, bitte gerne an uns wenden!

    Zu guter Letzt haben wir mal etwas zu vergeben: Einer unserer tschadischen Freunde fährt demnächst nach Afrika und bietet seine Köpenicker Wohnung vom 28.9 bis 2.11.2022 zur Zwischenmiete an. Hier die Fakten: 1-Zimmerwohnung samt Bad und Terrasse, 46 qm, 536€ warm, Strom+ Internet inklusive. Meldet euch bei Interesse gerne bei uns. Wir stellen den Kontakt dann her.

    Das soll es für heute gewesen sein. Ich versuche, euch jetzt wieder regelmäßiger Updates von dem alltäglichen Wahnsinn, mit dem wir so konfrontiert werden, zu geben.

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    Back im Business – Mobilfunkmiseren

    Danke für all die Genesungswünsche. Bei mir geht die Quarantäne zu Ende, danke an Brigitte, dass sie hier und auf Twitter die Stellung gehalten hat. Kaum dass ich mich auskuriert habe, warten schon genug neue Probleme – kleine wie große – darauf, in Angriff genommen zu werden. Heute gebe ich Einblick in den Ärger, den Mobilfunkfirmen so verursachen.

    Doch vorab bitte ich euch einmal mehr um Support. Jeder Euro zählt, um Geflüchteten unter die Arme greifen zu können: https://paypal.me/neukoellnhilft. Etwa mit 9-Euro-Tickets, beim Begleichen von Raten oder schlicht als Beitrag zum Lebensunterhalt. Vielen Dank für eure bisherige Unterstützung!

    Ein paar erklärende Worte vorweg: Viele der Sorgen, die dieser Tage an mich herangetragen werden, scheinen auf den ersten Blick harmlos, wenn man sie in Relation zu den dramatischen Notlagen der Vergangenheit setzt. Die Angst vor einer quasi täglich drohenden Abschiebung ist nicht mit jener vor (nicht selten ungerechtfertigten) Mahnungen oder Inkassoschreiben zu vergleichen. Frustration und Desillusionierung verursachen letztere trotzdem. Und zwar in nicht zu unterschätzendem Maße.

    otelo ist böse

    Fassen wir die Lage doch mal kopfschüttelnd zusammen. Ein Geflüchteter hatte sich Ende Februar 2022 in einem Shop in der Karl-Marx-Straße einen SIM-Vertrag aufschwatzen lassen. Da zwischen den Versprechungen des Händlers und dem Kleingedruckten des Vertrags dann doch Welten klafften, habe ich dem Geflüchteten eine Reklamation samt Widerruf formuliert. Dieser wurde an otelo, einer Tochterfirma von Vodafone, geschickt und ging am 22.03.2022 auch bei otelo ein. Anfang April kam vom otelo-Kundenservice die Rückmeldung, dass für ein Storno einzig der Händler zuständig sei. Das Schreiben interpretierte der Geflüchtete freilich falsch, zahlte die monatliche Grundgebühr nicht weiter und wandte sich erst wieder im Juni an mich, als inzwischen auch ein Inkassoschreiben von über 540 Euro eingetrudelt war. Da eine erneute Reklamation vorerst unbeantwortet blieb, ging ich mit dem Geflüchteten zum Verbraucherschutz, wo ein nochmaliges Schreiben wegen einer unberechtigten Forderung aufgesetzt wurde. otelo zeigte sich auch davon unbeeindruckt und schreibt: „Wir beharren daher auf unsere Forderung und werden weitere Reklamation Ihrerseits final ablehnen.“.

    Der Geflüchtete ist also für einen Monat Internetnutzung jetzt 540 Euro in den Miesen. Rechtlich ist da vermutlich ohne großen Aufwand wenig zu machen. Kulanzlösungen, wie ich sie in der Vergangenheit etwa bei o2 erlebt habe, sind allem Anschein nach nicht drin. Die Lehre daraus: otelo ist absolut nicht empfehlenswert. Die Kommunikation mit dem Kundenservice ist vertane Zeit. otelo nimmt die Beschwerde bezüglich irreführender Aussagen eines otelo-Produkte vertreibenden Mobilfunkshops nicht ernst. Kurzum, otelo ist böse.

    Die Geschäftsgeheimnisse von Consors Finanz

    Jeder Mensch hat so seine Wünsche. Ein uns nahestehender Geflüchteter wollte sich dieser Tage über die Webseite eines Smartphone-Giganten ein brandneues Telefon gönnen und dieses in Monatsraten bezahlen. Er kann es sich leisten. Er hat mehrjährigen Aufenthalt, einen nicht so schlecht bezahlten Job und eine tadellose SCHUFA. Nun wickelt der Finanzdienstleister Consors Finanz die Ratenzahlungen für die Firma ab. Unser Freund klickte sich durch den Kaufprozess, nur um danach sofort eine Ablehnungsmail von Consors Finanz zu erhalten. Ein wenig irritiert zeigte er mir die Mail, ich half ihm bei der Formulierung einer Mail, in der nach den Gründen für die Ablehnung gefragt wurde. Zwei Wochen später erhielt er eine aus meiner Sicht doch eher freche Antwort. Die für die Ablehnung erheblichen Information unterlägen dem Geschäftsgeheimnis. Sein Auskunftswunsch erstrecke sich nicht auf Informationen, die dem Geschäftsgeheimnis unterlägen. Die Entscheidung des Hauses hätte dabei keine Aussagekraft über die Bonität des Geflüchteten oder zukünftige Entscheidungen anderer Kreditinstitute.

    Wir meinen, dass es dringend besserer Gesetze bedarf, die solch Firmen wie Consors Finanz zu mehr Transprarenz und Rechenschaft zwingen. Wir würden fast darauf wetten, dass es bei einem Herrn Meier oder einer Frau Schulz bei ähnlichem Einkommen und ähnlicher SCHUFA mit der Ratenzahlung geklappt hätte. Der Geflüchtete, der sich mit großem Fleiß hier etwas aufbauen will, war jedenfalls ziemlich desillusioniert.

    Ins Stottern kommendes Abstottern

    Machen wir uns nichts vor. Angesichts der Inflation wird auch denen mulmig, die sich nicht als von Armut direkt betroffen verstehen. Alles wird teurer, während Sozialleistungen und Löhne nicht im gleichen Maße steigen. Wer vor sechs Monaten schon wenig hatte, hat nun noch viel weniger. Punkt. Natürlich sind auch Rückzahlungsvereinbarungen davon betroffen. Wer schon vor der Krise Schulden, ob nun selbstverschuldet oder doof hineingeschlittert, nur in Raten abstottern konnte, rauft sich mittlerweile noch mehr die Haare, wie man das Geld für Ratenzahlungen auftreiben soll. Das interessiert natürlich Inkassofirmen und RechtsanwältInnen einen Dreck. Statt der Krise Rechnung zu tragen und Zahlungsmoral zu würdigen, wird bei jeder verspäteten Zahlung gleich die große Keule ausgepackt. Beispielsweise von einer Rechtsanwaltskanzlei, die Forderungen von mobilcom-debitel eintreibt.

    Der Geflüchtete, der dieses Schreiben erhalten hat, hatte 2021 nach langem Warten endlich eine Arbeitserlaubnis bekommen und Anfang 2022 Arbeit in der Lebensmittelproduktion gefunden. Damit einher ging auch der Wunsch, vergangene Fehler – wie es der Mobilfunkvertrag war – endlich zu begleichen und die offenen Forderungen zu begleichen. Das ging solang gut, bis ihm eine extrem dubiose Forderung der Kreiskasse des zuständigen Brandenburgischen Landkreises zum Verhängnis wurde. Da wurde schwupps eine Pfändung auf sein Konto durchgesetzt, dadurch kam er mit der Rückzahlung der Forderung von mobilcom-debitel in Verzug. Zu allem Überdruss noch teilte ihm sein Arbeitgeber Anfang Juli mit, dass sein befristeter Vertrag nicht verlängert würde. Mit Anfang August hat er nun eine neue Arbeit gefunden, doch bis er wieder einigermaßen liquide ist, wird es natürlich dauern. Währenddessen steigen die Forderungen von mobilcom-debitel weiter an, während die Hoffnung auf eine geregelte Existenz kräftig schwindet.

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    Hello again… Corona!

    Liebe Leute, jetzt hat uns Corona doch erwischt. Und das trotz ausgeprägten Maskenfetischs. Deshalb war die Quelle schnell ausgemacht. Es war ein befreundeter Geflüchteter, dem der männlich Part von Neukölln hilft bei einem Computerproblem geholfen hatte und der erst Tage später Symptome entwickelte. Er testet sich für seinen Job oft und die Tests selbst waren auch nach Symptombeginn noch ein paar Tage negativ. Kurzum, egal wie sehr man aufpasst, es kann jeden und jede erwischen. Seid bitte vorsichtig!

    Während die Selbsttests des männlichen Parts allesamt positiv sind, ist sein Antigen-Schnelltest in einer großen Teststation vormittags negativ gewesen. Das lässt uns doch an der Zuverlässigkeit von Testzentren sehr zweifeln. Der weibliche Teil von Neukölln hilft hat für sich übrigens einen ganz eigenen Coronaindikator entwickelt. Wenn die Gelenke fröhlich vor sich knacken, dann ist der positive Coronatest nicht weit…

    Was uns, die wir Weihnachten 2020 zuletzt mit Corona flach lagen, doch ein wenig irritiert, ist der Umstand, dass auch nach über 2 Jahren Pandemie in Berlin das Coronavirus gefälligst das Wochenende einzuhalten hat. Gesundheitsämter glänzen zum Beispiel nach wie vor am Wochenende durch Untätigkeit. Nicht falsch verstehen, unsere Symptome bedürfen derzeit keiner dringlichen ärztlichen Betreuung. Uns ist es vor allem ein Anliegen, dass die Erkrankung in der offiziellen Statistik aufscheint.

    Denn natürlich haben wir den Eindruck, dass die Politik die derzeitige Coronawelle schlicht ignoriert bzw. sogar dadurch befördert, indem sie einer gewissen Sorglosigkeit in breiten Teilen der Bevölkerung Vorschub leistet. Das ärgert uns ungemein.

    Der weibliche Part war gestern noch vor dem Auftreten von Beschwerden in einem Einkaufszentrum unterwegs und kam sich dort mit Maske ziemlich doof vor. Nicht nur einmal hatte sie das Gefühl, schief angeschaut zu werden, so als wäre das Tragen einer Maske hysterische Vorsicht. Im Nachhinein ist sie natürlich froh, nicht unwissentlich Dutzende Leute angesteckt zu haben.

    Gerade jetzt, wo es für viele von uns unterstützte Geflüchtete ganz viel zu wuppen gibt, kommt Corona für uns zur Unzeit. Wir werden von daheim – sofern möglich – einiges erledigen. Aber alle, die mit Geflüchteten zu tun haben, wissen natürlich genau, dass sich manch Probleme nur im direkten Kontakt wirklich lösen lassen. Und natürlich hatten wir uns auch vorgenommen, mit dem 9-Euro-Ticket mal ein bisschen durch die Lande zu tingeln. Auch das werden wir erst mal verschieben müssen.

    Aufmunternde Worte sind sehr willkommen. Wir wünschen euch von Herzen, dass Corona an euch vorbeigeht!

    P.S.: Apropos 9-Euro-Tickets: Es ist zwar noch ein bisschen hin, aber wir würden uns natürlich auch für August über die eine oder andere Ticketspende via https://paypal.me/neukoellnhilft freuen.

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    Back im Business (Noch oller! Noch doller”)

    Es gibt viele Dinge, über die sich dieser Tage stöhnen lässt. Die Hitze, die Inflation und – stets passend – die FDP. Uns kommen derzeit auch vermehrt Seufzer über die Lippen. Zum Beispiel wegen der drei Geschichten, die wir euch heute näherbringen wollen.

    Vorab wie immer: Danke für euren Support! Wir nehmen nichts als gegeben hin, gerade in Zeiten wie diesen. Jeder Cent hilft uns weiter: https://paypal.me/neukoellnhilft

    Gesprächsbedarf im Flüchtlingsheim

    Ein Geflüchteter mit Schwerbehinderung wird derzeit in seiner Unterkunft des Lebens nicht mehr froh. Vor geraumer Zeit schon wurde in sein Zimmer eingebrochen, der Türrahmen schwer beschädigt und auch die Verschließbarkeit war laut dem Geflüchteten nicht mehr gegeben. Seit einigen Wochen häufen sich nun die Vorfälle. Mittlerweile sind schon 3 Einbrüche gezählt, dazu wurden ihm im Heim bei anderer Gelegenheit seine Schlüssel aus der Tasche gemopst. Zumindest eine polizeiliche Anzeige hat es gegeben. Die Tür ist aber immer noch nicht repariert. Anfang Juli habe ich mich mal an die Heimleitung gewendet und eine freundliche, doch zugleich überraschende Rückmeldung bekommen. Man sehe großen Gesprächsbedarf. Man schließe nicht aus, dass zumindest der dritte Einbruch selbst verschuldet sei und könne auch die Anschuldigungen des Geflüchteten gegenüber seines Zimmernachbarn, mit welchem lange gutes Einvernehmen bestanden hatte, nicht nachvollziehen.

    Nun habe ich großen Respekt vor Heimleitungen von Geflüchtetenunterkünften. Die unterschiedlichen Bedürfnisse und Lebensumstände von Menschen im Blick zu haben und für ein gutes Miteinander zu sorgen, ist wirklich nicht leicht. Und natürlich will ich keinesfalls besserwisserisch auftreten und der Heimleitung erklären, wie sie ihren Job zu erledigen hat. Zugleich möchte ich – sofern möglich – einen Beitrag leisten, dass sich die Lebensbedingungen des Geflüchteten ein bisschen verbessern. Zudem kommt mir die Argumentation doch ein wenig seltsam vor. Gerade einem Sehbehinderten traue ich nicht zu, einen Einbruch fingiert zu haben, in dem er selbst von innen die Schrauben des Türschlosses entfernt hat. Wenn ich dem Geflüchteten in der Vergangenheit dabei zugesehen habe, wie er mit einer Lupe seine Nachrichten am Smartphone zu entziffern versucht, brauche ich kein Sherlock zu sein, um dem Verdacht der Heimleitung wenig Glauben zu schenken. Ich werde mich dieser Tage also mal nach Brandenburg begeben und in einem persönlichen Gespräch um eine Lösung bitten.

    Kostspieliger Flirt

    Lasst uns mal über Einsamkeit reden. Wer keinen Partner oder keine Partnerin hat, von den Mühlen langer und oft aussichtsloser Asylverfahren zu relativer Untätigkeit verdammt ist, gerade in der Provinz oft ohne jeden Support ist, fühlt sich zwangsläufig einsam. Diese Einsamkeit zu überwinden, ist nicht eben einfach. Der Familie in der Heimat kann man die Nöte, die Mühlen der Bürokratie und die damit verbunden tristen Aussichten, nicht leicht vermitteln. Landsleuten hier in Deutschland mag man vielleicht aus Gründen der Gesichtswahrung auch nicht immer sein Herz ausschütten. Da liegt es doch nahe, ein wenig Ablenkung zu suchen. Zum Beispiel auf Flirtportalen.

    Ein geflüchteter Freund ist vor einigen Tagen auf mich zugekommen und hat mir entsetzt Folgendes berichtet. Er habe per Mail ein Schreiben einer Inkassofirma erhalten. Er könne sich all das nicht erklären. Ich schaute mir die Mail an. Allem Anschein nach hat er auf einem dubiosen Flirtportal eine Mitgliedschaft über 24 Monate abgeschlossen und sollte nun fast 500 Euro dafür zahlen. Als ich ihm all das erklärte, dämmerte ihm, dass er tatsächlich im April mal von Frühlingsgefühlen überwältigt auf einer Flirtseite registriert hatte. Von einem Abo wusste er aber nichts. Während ich schon vor dem geistigen Auge an einer Antwort tippte, um die Forderung abzuwehren, fiel mir plötzlich auf, dass der Name auf der Forderung ja nicht der echte Name des Geflüchteten war. Ja, antwortete er mir mit entwaffnender Logik, er habe einen Spitznamen (er meinte Benutzernamen) verwendet, dass mache man doch im Internet überall so. Nun freilich stellt sich mir die Frage, ob man diese ohnehin windige Forderung nicht getrost ignorieren kann. Der Geflüchtete hatte zwar seine richtige Adresse angegeben, diese ist aber in einer Gemeinschaftsunterkunft. Wie wahrscheinlich ist es, dass dieses Inkassounternehmen tatsächlich ihn als die Person ausmacht, die dieses kostspielige Flirtabo vermeintlich abgeschlossen hat? Habt ihr da Erfahrungswerte?

    Der ewige Jammer um die Kaution

    Es gibt wenig Gewissheiten auf der Welt. Eine davon ist, dass es beim Auszug aus einer Mietwohnung in aller Regel zu Ärger mit der Kaution kommt. Vermieter und Vermieterinnen finden ein Haar in der Suppe, wenn sie es finden wollen. Natürlich bleiben Geflüchtete von solch Ärger nicht verschont. Was sich eine kommunale Wohnbaugesellschaft in Brandenburg beim Auszug einer alleinerziehenden Geflüchteten erlaubt hat, ist schon einigermaßen dreist. Eine bei Einzug der Frau laut Übergabeprotokoll explizit nicht renovierte Wohnung wurde nach deren Auszug auf ihre Kosten aufgemotzt. Der Boden wurde versiegelt, die Wohnung neu gestrichen. In Bad und Küche wurde einiges neu gemacht, zum Beispiel die Spüle demontiert und entsorgt. So wurde nicht nur die gesamte Kaution einbehalten, es stehen noch zusätzliche Forderungen über fast 400 Euro im Raum. In nicht einmal drei Jahren soll die Wohnung ordentlich in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Schauen wir uns doch mal an, was da so entrümpelt wurde: „WZ-Tür (Duft) entf. / Küchenspüle / WC-Sitz / Toilettenpapier-Deckel / Aufkleber BZ / Badlampe“.

    Womöglich ist es ja nur meine Wahrnehmung, aber ich finde, dass hier die vermietende Wohnbaugesellschaft, die Alleinerziehende als willkommenes Opfer gefunden hat, um die Wohnung ein wenig schick zu machen. Eine Wohnung übrigens, die beim Einzug der Geflüchteten alles andere als picobello war. Ich finde so ein Vorgehen einer kommunalen Wohnbaugesellschaft einigermaßen frech. Es steht außer Frage, dass sich die Geflüchtete da mit anwaltlicher Hilfe wehren muss und ich sie dabei unterstützen möchte. Ich habe in Berlin schon mehrere MietrechtsexpertInnen angefragt, aber alle sind derzeit überlastet oder im Urlaub. Falls ihr noch diesbezügliche Tipps habt, immer her damit!

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    Back im Business!

    Wir sind wieder da! Der männliche Part von Neukölln hilft ist zwar nicht sonnengebräunt und gut erholt, aber immerhin genesen. Wir haben zwar das Social-Media-Game zurückgefahren, waren aber natürlich trotzdem nicht untätig. Und deshalb gibt es in den nächsten Tagen eine geballte Ladung Einblicke in unser Tun.

    Zuvor wollen wir uns aber einmal mehr für eure Unterstützung bedanken! Ohne euch wäre die Finanzierung von 9-Euro-Tickets nicht möglich, ohne euch könnten wir nicht eben die eine oder andere Rechnung übernehmen. Herzlichen, herzlichen Dank für euren Support! Falls ihr noch den einen oder anderen Cent übrig habt, er wäre in schwierigen Zeiten sehr willkommen: https://paypal.me/neukoellnhilft

    Hilferuf aus der JVA

    Es hat eine gewisse Tradition, dass sich Teile der tschadischen Community Freitag nachmittags in einem Café in Kreuzberg treffen. Auch ich schaue ab und an vorbei und traf gerade in den vergangenen Wochen auf lang vermisste oder gar unbekannte Gesichter. Das 9-Euro-Ticket macht es möglich, dass auch jene kommen, die sonst jeden Cent umdrehen müssen und in der Pampa Brandenburgs zumindest innerlich verrecken. Kaum hatte ich an dem sonnigen Junitag Platz genommen und an meinem Cappuccino genippt, stürzte geradezu atemlos ein geflüchteter Freund rein. Ein gemeinsamer Bekannter säße in einer JVA in Brandenburg fest und könne gegen eine Summe von knapp über 100 Euro ausgelöst werden. Mehr Infos gäbe es nicht. Das Geld hatte die tschadische Community schon beisammen. Ein paar Telefonate später zwar zumindest mal die betreffende Justizvollzugsanstalt eruiert und ein Plan für den kommenden Tag geschmiedet. Mein Freund würde sich in die Weiten Brandenburgs begeben und hoffentlich in Begleitung des vermeintlichen Deliquenten heimkehren. Was ganz easy klang, hielt mich dann doch Samstag vormittags ordentlich auf Trab. Denn derjenige, der zur Abholung auserkoren war, tat gerade so, als würde er den Gang ins Verderben antreten, obwohl er das Unschuldslamm in Person ist und natürlich nichts zu befürchten hat. Da musste ich ihn telefonisch aufmuntern und auch während seiner Interaktion an der Pforte der JVA mithören. Kurz und gut, der Bekannte wurde ausgelöst und seitdem versuche ich fieberhaft ihm bei der Bewältigung der Probleme zu helfen. Und derer hat er viele.

    Man stelle sich den Mann als charismatischen, wortgewaltigen Charakter vor. Aufmüpfigkeit scheint sein zweiter Vorname. Da seine Lage freilich einigermaßen trist ist, sprach er in letzter Zeit vermehrt dem Alkohol zu und wurde eigenbrötlerisch. Diesen Umständen ist es überhaupt erst zuzuschreiben, dass er über einen Monat in der JVA einsaß, ohne dass seine Landsleute sich Sorgen über den Verbleib machten. Laut eigenen Angaben sei er bei einer Routinekontrolle aufgegriffen und verhaftet worden, hätte in der JVA über Wochen nicht telefonieren dürfen. Dass er überhaupt einkassiert wurde, ist auf einen Strafbefehl aus 2020 zurückzuführen, in dem es allem Anschein nach um eine Handgemenge mit einem Ladeninhaber ging, der ihn aus Sicht des Tschaders völlig zu Unrecht des Diebstahls beschuldigte. Da der Tschader Briefe von Ämtern und Gerichten prinzipiell ungeöffnet ließ, kam es, wie es kommen musste. Einen smarten und auch einnehmenden Menschen derart vor die Hunde gehen zu sehen, hat mich doch einigermaßen getroffen. Und darum versuche ich gerade, sein Leben in geordnete Bahnen zu hieven. Indem ich ihn davon überzeugen konnte, dass sich AnwältInnen nicht konspirativ mit Staatsorganen gegen ihn verschwören. Auch Briefe der Paigo, die das Inkasso für die Deutsche Bahn macht, sollte man nicht ignorieren. Also tippe ich mir gerade die Finger wund, um weiteres Ungemach zu verhindern. Dazu versuche ich, ihm Perspektiven aufzuzeigen. Das von der zuständigen Ausländerbehörde ausgesprochene Arbeitsverbot zu bekämpfen, eine Beschäftigung zu finden, dazu noch Hilfe beim Alkoholentzug zu finden, all das ist nur dann realistisch, wenn der Geflüchtete die Desillusionierung überwindet. Die diesbezügliche Überzeugungsarbeit ist ein Knochenjob…

    Nur das Beste fürs Kind

    Doch zurück zu besagtem Freitag in Kreuzberg. Kaum war die Auslösung aus der JVA ausgeheckt, kam ein anderer Geflüchteter auf mich zu und bat um ein vertrauliches Gespräch. Den jungen Mann Anfang 20 hatte ich wohl zwei Jahre nicht gesehen. Mein letzter Kenntnisstand war, dass er den Schulabschluss nachholte und danach eine Ausbildung in seinem Traumjob Lokführer machen wollte. Doch Mensch, das war Schnee von gestern! Den Schulabschluss hatte er leider nicht geschafft, sämtliche Pläne frustriert hingeworfen und stattdessen dann immer ein paar Monate in diversen prekären Lagerjobs gearbeitet. Daneben hatte er noch ein Kind gezeugt, doch hatte die Mutter zunächst seine Vaterschaft bestritten. Er musste diese erst mittels Vaterschaftstest belegen und darum kämpfen, sein Kind sehen zu dürfen. Doch nun war er völlig geknickt. Die Mutter des Kindes musste aufgrund psychischer Probleme in die Psychiatrie, das Jugendamt brachte das Kind in eine Pflegefamilie. Es wurde entschieden, dass auch er das Kind für sechs Monate nicht sehen dürfe. Sein Anwältin sieht derzeit keine Möglichkeit dagegen vorzugehen. Er war am Boden zerstört, zeigte mir die ganze Zeit Fotos des Kindes und betonte, wie sehr er es vermisse. Doch zugleich zeigte er sich kämpferisch. Er habe jetzt einen neuen Job und verspreche sich viel davon, zudem mache er gerade den Führerschein. Er fragte mich, ob ich ihn nicht dabei unterstützen könne, doch noch einen Ausbildungsplatz zu finden. Er wolle was aus seinem Leben machen, um seinem Kind Möglichkeiten geben zu können, so der Tenor.

    Vor wenigen Tagen kam es zu einem erneuten Treffen. In noch gedrückterer Atmosphäre. Denn der neue Job, von dem er sich Stabilität versprochen hatte, war futsch. Er war innerhalb der Probezeit gekündigt worden. Ohne Angabe von Gründen. Und auch von der Führerschein-Front gab es schlechte Nachrichten. Den Theorieteil habe er bestanden, aber er sei schon mehrfach durch den Praxisteil gefallen. Der Prüfer möge ihn nicht, meinte er. Und tatsächlich kenne ich es eigentlich nur umgekehrt, dass der Theorieteil zur unüberwindbaren Hürde wird. Sein Kind vermisse er auch wie verrückt, betonte er um Fassung ringend. Gerade in jener Zeit, in der das Kind seine Umgebung wahrnimmt, die Bindung zu seiner Umwelt aufbaut, darf er nicht einmal telefonischen Kontakt mit ihm haben. Solche Gespräche lassen mich immer ratlos zurück. Hoffnung zu vermitteln und dabei zugleich realistisch zu bleiben, ist immer ein Spagat. Wir schauen jetzt mal, was sich an der Aus- bzw. Weiterbildungsfront ergibt.

    Verpfuschte Jahre

    Wir sind noch immer in einem Kreuzberger Café, es ist noch immer ein sonniger Nachmittag im Juni. Doch sollte es das mit dem Drama noch nicht gewesen sein. Ich wollte eigentlich schon aufbrechen, als ein Geflüchteter, den ich nur vom Sehen aus kannte, zu mir trat und mich ein paar Minuten meiner Zeit bat. Es wurden mehr. Er sei bereits 8 Jahre in Deutschland, lebe in der Pampa Brandenburgs und habe noch immer nur eine beschissene Duldung. Er dürfe nicht arbeiten, dürfe keinen Integrationskurs machen. Kurzum, er dürfe nichts. Er habe vor ein paar Jahren ein paar Wochen im Knast gesessen, weil er eine Flasche Wodka gestohlen habe. Seitdem habe er sich nichts mehr zuschulden kommen lassen. Er werde alt, während er einfach nur warte. Und warte. Er halte das nicht mehr lange aus. Nein, er habe keinen Anwalt. Oder doch irgendwie schon. Er habe eine Anwältin, aber er habe sie noch nie gesehen und wisse auch nicht genau, was sie mache. Er wisse nicht, wie sich die Situation verbessern ließe. Alles sei verzwickt. Man kann sich ausmalen, dass solch ein Hilferuf natürlich den Impuls weckt, etwas zu unternehmen. Allerdings lässt sich mit der Schilderung eines sehr angeschlagenen Gemütszustandes wenig Handfestes anfangen. Ich versprach mit der Anwältin Kontakt aufzunehmen und hatte als einzigen Trost anzubieten, dass er mir seinen Papierkram zukommen lassen sollte, damit ich mal ausloten könne, wie verfahren seine Lage sei. Seine Miene erhellte sich dabei leider nicht. Auch ich verließ das Café einigermaßen nachdenklich.

    In der Zwischenzeit habe ich mir einen Überblick über die Situation des Mannes machen können. Nicht zuletzt wegen einer kooperativen Anwältin, die auf Anfrage klarstellte, dass sie den Geflüchteten lediglich wegen der Kürzung seiner Leistungen nach AsylbLG vertreten hatte und sonst nichts mit ihm am Hut habe. Der Knackpunkt ist in seinem Falle die fehlende Mitwirkung bei der Passbeschaffung. Doch hat er Angst der Ausländerbehörde einen Pass vorzulegen, weil er in diesem Fall eine Abschiebung befürchtet. Dazu kommt, dass er weder jemals eine Geburtsurkunde noch einen Pass besessen hat. Im Grunde steht er sich selbst im Weg. Denn der angekündigte Chancen-Aufenthalt wird sicher auch eine Mitwirkungsklausel bei der Feststellung der Identität haben. Solang er also nicht versucht, zumindest an eine Geburtsurkunde zu kommen, solang wird sich an seiner Situation vermutlich nichts ändern. Das hat ihm auch ein Anwalt meines Vertrauens, mit dem wir mittlerweile gesprochen habe, so klar mitgeteilt. Er überlegt nun – und wartet ab. Leider!

  • Neues,  Neukölln,  Support

    Weihnachten jetzt!

    Alle Jahre wieder ist es die Weihnachtszeit, die Menschen das Herz wärmt und in Spendenlaune bringt. Die Sommerzeit dagegen ist traditionell eine Art Gegenpol dazu, in dem man sich eine wohlverdiente Auszeit – Stichwort: Urlaub – gönnt und auf sich schaut. Das ist gut und richtig.

    In diesem Jahr läuft jedoch einiges ein wenig anders. Da wäre hierzulande zunächst die ganz große Hilfsbereitschaft in Form des Wiedererwachens der Willkommenskultur, die speziell in den ersten Wochen des russischen Angriffs auf die Ukraine zu spüren war. Sehr viele nach zwei Jahren Pandemie erschöpfte Menschen haben da viel auf die Beine gestellt und sind für einen einmal mehr trägen und chronisch überforderten Staat in die Bresche gesprungen.

    Mittlerweile ist freilich der Punkt erreicht, wo man sich an den Krieg in Europa gewöhnt hat, die Zahl neu ankommender Menschen zurückgeht und die Integration derer, die bereits zu Beginn des Angriffs nach Deutschland kamen, voranschreitet. Das Gefühl, alles stehen und liegen lassen zu müssen, um zum Hauptbahnhof zu eilen und dort zu helfen, ist nicht mehr so stark. Und natürlich sind die Auswirkungen der russischen Aggression längst auch in Form von Preissteigerungen bei uns allen angekommen. Und zwar derart massiv, dass selbst Menschen, die sich nicht als arm bezeichnen würden, die Teuerungen im Geldbeutel spüren.

    Umfassende Entlastungspakete, die diese Krise zum Anlass nehmen, Armut langfristig entgegensteuern, sind von dieser Regierungen leider nicht zu erwarten. Die Wahrheit ist viel mehr, dass Armut immer ärmer wird. Die Hartz-IV-Regelsätze oder die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind lange schon viel zu niedrig. Aktuell verschärft sich die Not weiter. Mehr als ein paar Tropfen auf den heißen Stein – Stichwort: Einmalzahlung, 9-Euro-Ticket – wird es nicht geben. Das ist bedauerlich, aber eben auch nicht überraschend. Die gute Nachricht freilich: Wir alle könnten dies ändern, wenn wir politischen Druck aufbauen und uns nicht immer mit vagen Versprechungen zufrieden geben würden.

    In diesen eher angespannten Zeiten muss also die Zivilgesellschaft ran. Wir alle brauchen ein Weihnachten jetzt! Alle jene, die ein paar Euro entbehren können, sollten jetzt an die Organisation, den Verein, die Initiative des Vertrauens spenden. Besonders in Projekte, die Armut bekämpfen. Und nein, dass soll natürlich nicht bedeuteten, dass etwa Spenden für Klimaschutzanliegen nicht ebenso wichtig und richtig wären. Der Punkt ist vielmehr, dass die Teuerung gerade jetzt viele Menschen an den Rand der Verzweiflung – oder sogar darüber hinaus – bringt.

    Der langen Rede kurzer Sinn: Kramt bitte in eurem Mänteln, Jacken und Jeans, vielleicht findet ihr ja ein paar Euro, die ihr entbehren könnt. Spendet sie jetzt an ein Projekt, dem ihr vertraut. Macht einen Hauch von Weihnachten im Juni möglich.

    Danke für das Lesen dieser Zeilen!

    P.S.: Sollte eure Wahl auf uns fallen, dann freuen wir uns über Unterstützung unter folgendem Link: http://paypal.me/neukoellnhilft

  • Neukölln,  Support

    Bitte unterstützt uns!

    Liebe Menschen, wir bitten euch mal wieder dringend um finanziellen Support, um kleinere und ein bisschen größere Notlagen lindern zu können.

    https://t.co/unL5z8038F

    Bitte unterstützt uns

    Jeder Euro hilft uns, auch in diesen schwierigen Zeiten Sorgen und Überforderungen entgegenzuwirken. Was uns in den letzten Wochen durchaus zu denken gegeben hat, ist die stoische Nonchalance, mit welcher etwa beantragte Jobcenterleistungen immer weiter herausgezögert werden. Gerade so, als wäre die Dringlichkeit nicht allein wegen gesteigerter Lebenshaltungskosten gegeben. Stattdessen wiehert der Amtsschimmel. Wenn Sozialleistungen ab 01.06. über die Jobcenter ausgezahlt werden, wird dies selbstredend zu noch mehr Stillstand und langen Bearbeitungszeiten führen. Uns schwant Übles.

    Daher nochmals unsere Bitte: Helft uns helfen!

    Vielen Dank!

  • Neues,  Neukölln

    Infos zur Ukraine-Flüchtlingshilfe in Neukölln

    Uns könnt ihr so unterstützen: http://paypal.me/neukoellnhilft

    Hier die vom Bezirksamt Neukölln gesammelten Unterstützungsmöglichkeiten:

    Wir werden die Liste bei Bedarf mit eigenen Empfehlungen ergänzen. Derzeit konzentriert sich noch viel Hilfe auf den Hauptbahnhof in Berlin. Sobald es feste Orte zur Hilfe hier in Neukölln gibt, werden wir euch darüber informieren.