Behördenwahnsinn

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    In der Region Cottbus begegnet man dem Fachkräftemangel kreativ…

    Ich hatte bereits über einen Geflüchteten berichtet, der von einer Solaranlagenfirma in Brandenburg seit Herbst 2022 einen unbefristeten Arbeitsvertrag vorliegen hat. Das Angebot steht noch immer, aufgrund der Vorkenntnisse im Bezug auf Elektroinstallationen ist der Geflüchtete ein gefragter Mann. Er könnte jederzeit die Arbeit aufnehmen, im Moment hindert ihn eine keine Mätzchen auslassende Ausländerbehörde. Das Arbeitsverbot liegt schwer auf dem Gemüt.

    Immer neue Gründe werden von der Behörde für die Weigerung ins Feld geführt. Kaum dass die eine Nebelkerze vom Anwalt des Geflüchteten als eben solche entlarvt wird, zündet die Behörde schon die nächste. Das ist ärgerlich und zieht sich schon über das gesamte Jahr 2023 hin.

    Seit dieser Woche hat die Farce eine neue Wende genommen. Eine an das Heim angedockte Sozialberatung hat dem Geflüchteten einen 1-Euro-Job angeboten, wenn er, der einen Führerschein hat, mit einem Transporter Fahrten unternimmt. Also etwa der örtlichen Tafel Essen liefert. Man würde das mit den zuständigen Behörden schon abklären. Noch liegt laut dem Geflüchteten nichts Schriftliches vor, kein Arbeitsvertrag, nichts! Fahrten hat er aber schon absolviert. Der bisherige Fahrer sei nämlich kurzfristig krank geworden.

    Es kann nicht sein, dass die Vollzeitstelle bei der Solarfirma unbesetzt bleibt. Dem Geflüchteten die Arbeitserlaubnis seitens der Ausländerbehörde aus fadenscheinigen Gründen verweigert wird. Er würde bei Arbeitsaufnahme sofort aus dem Leistungsbezug fallen. Wäre das nicht toll?

    Stattdessen wird er holterdipolter in einen 1-Euro-Job gesteckt! Noch bevor er irgendeinen Vertrag oder die Zustimmung der Ausländerbehörde in Händen hält. Er lenkt ein Fahrzeug, ohne dass da etwas in puncto Versicherung geklärt wäre. Macht euch das auch fassungslos?

    Falls ihr zufällig gerade auf die Montage eurer Solaranlage ewig wartet, denkt bitte daran, dass die Fachkraft, die dies könnte, stattdessen womöglich in just in dem Moment im Raum Cottbus in einem Transporter sitzt und Essen zur Tafel fährt…

    Danke für eure Aufmerksamkeit!

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    Arbeitspflicht für Geflüchtete (Ein Rant)

    Ich bekomme gerade so einen Hals, wenn ich vom Vorschlag einer Arbeitspflicht für Geflüchtete höre. Ich schildere euch mal einen Fall und lasse euch dann gern beurteilen, ob es nicht wichtiger wäre, auf ein Recht auf Arbeit zu pochen.

    Ein Geflüchteter aus einem afrikanischen Land ist seit bald 10 Jahren hier in Deutschland. Er hat Deutschkurse besucht, war ehrenamtlich als Übersetzer tätig. Hat eine Einstiegsqualifizierung zum Anlagenmechaniker absolviert, stand bei den Firmen, bei denen er arbeitete, hoch im Kurs.

    Was als Erfolgsgeschichte begann, wurde vor mehreren Jahren durch ein Arbeitsverbot der zuständigen Ausländerbehörde jäh gestoppt. Seitdem geht es dem Mann psychisch immer schlechter. Sämtliche Versuche, dieses Arbeitsverbot aufheben zu lassen, scheiterten an einer sturen Ausländerbehörde.

    Auch ein eingeschaltener Anwalt konnte nichts erwirken, trotz der Absichtserklärung einer Firma aus der Solarbranche ihn sofort einstellen zu wollen. Das war vor einem Jahr. Der Anwalt änderte seine Strategie. Die Duldung sollte zugunsten eines Chancenaufenthalts nach § 104c weichen. Doch weigerte sich die Ausländerbehörde, diesem Antrag stattzugeben. Es sei ein Sperrvermerk wegen laufender staatsanwaltlicher Ermittlungen in der Akte. Also musste der Anwalt dort erst mal mühsam nachforschen. Von dort kam schließlich die Mitteilung, dass das Verfahren wegen vermeintlich illegaler Einreise bereits vor einem Jahr eingestellt worden war. Eine Mitteilung an die Ausländerbehörde unterblieb.

    Nun sollte doch wohl endlich alles klappen, oder? Nein, die Ausländerbehörde bearbeitet den Chancenaufenthalt jetzt wohl, doch bis zur Gewährung hat der Geflüchtete weiter eine Duldung. Und so gehen die Mätzchen weiter. Eine Arbeitsaufnahme mit Duldung würde jedoch nur dann erlaubt werden, wenn der Geflüchtete Bemühungen bezüglich Passbeschaffung nachweisen würde. Die hatte er jedoch in der Vergangenheit bereits nachgewiesen.

    Fun fact: Den Job bei der Solarfirma könnte der Geflüchteten weiterhin sofort antreten, weil er bereits über Qualifikationen verfügt und solche Bewerber in Brandenburg händeringend gesucht werden.

    Fazit: Dieser Fall mag in seiner Absurdität zwar hervorstechen, doch muss ich oft um eine Arbeitserlaubnis für Geflüchtete in Brandenburg kämpfen. Solang Ausländerbehörden solch Zirkus hinsichtlich einer Arbeitserlaubnis veranstalten, soll mir niemand mit einer Arbeitspflicht kommen.

    Danke für die Aufmerksamkeit!

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    Aus unserer Beratungspraxis (III)

    Heute mal wieder Haarsträubendes aus unserer Beratung und Begleitung…

    Die Nachwirkungen von Zeitarbeit

    Ein geflüchteter Mann mit Duldung, in seiner Heimat früher als Lehrer tätig, erhielt im Sommer 2022 von einem Bekannten den Tipp, doch bei einer Zeitarbeitsfirma in Brandenburg anzuklopfen, um die zuständige Ausländerbehörde eines brandenburgischen Landkreises dazu zu bringen, ihm aufgrund eines konkreten Jobangebots eine Arbeitserlaubnis zu geben. Er ging hin, die Zeitarbeitsfirma versprach, sich mit der Behörde in Verbindung zu setzen. Wenig später kam schon der Anruf der Firma, alles sei in trockenen Tüchern, er dürfe anfangen. So arbeitete er circa 1 Monat bei der Zeitarbeitsfirma, ehe es dann bei einem regulären Termin bei der Ausländerbehörde richtig ungemütlich wurde. Denn da wusste man nichts von einer angeblichen Arbeitsgenehmigung und verpasste ihm bei der Verlängerung der Duldung gleich ein striktes Arbeitsverbot. Als ich damit befasst wurde, wollte ich bei der Zeitarbeitsfirma ordentlich Krawall machen. Der Geflüchtete hatte jedoch Sorge, dann den noch ausstehenden Lohn nicht zu erhalten. Also hielt ich still.

    Nun ein Jahr später ist die Sache noch immer nicht ausgestanden. Im Frühsommer 2023 kam nämlich ein Brief seiner Krankenversicherung, wonach er über 8 Monate nicht versichert gewesen sei. Wir füllten also den Fragebogen aus und gaben an, dass er in der fraglichen Zeit Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten hätte und somit die Versicherung bestand. Aus meiner Sicht war die Sache damit eigentlich erledigt. Meine Vermutung war schon damals, dass nach der einmonatigen Arbeitsaufnahme die vom Sozialamt des Landkreises abgeführten Krankenversicherungsbeiträge bei der betreffenden Krankenkasse falsch zugeordnet wurden. Ende August gab es nun eine Mahnung über mehr als 1700 Euro, die er im Zuge der nachträglichen Selbstversicherung zahlen sollte. Ich ließ mir eine Vollmacht für die Kontaktaufnahme mit der AOK ausstellen und schrieb dorthin. Die Antwort kam spät und war eher dürftig, das Problem sei mit dem Landkreis zu klären. Zugleich erreichte den komplett entgeisterten Geflüchteten ein Brief mit der Ankündigung, nun Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Also kontaktiere ich nun den Landkreis, um das Tohuwabohu aufzuklären. Es ist ärgerlich. Besonders ärgerlich neben all der investierten Zeit und den angeschlagenen Nerven des Geflüchteten ist der Umstand, dass eine windige Zeitarbeitsfirma einmal mehr ungeschoren davonkommt, wenn sie Geflüchtete ins offene Messer laufen lässt. Beim Geflüchteten, in seiner Heimat wohlgemerkt Mathelehrer, geht es dennoch aufwärts. Er hat mittlerweile endlich einen Chancenaufenthalt nach §104c erhalten und arbeitet seit ein paar Monaten in einer Autowäscherei.

    Die Crux mit der Steuererklärung

    Einer der heikelsten Punkte in der Beratung in Arbeit befindlicher Geflüchteter ist das Thema Steuererklärung. Da darf man ja nicht einfach so dabei helfen – und das ist auch gut so. Es gibt einen triftigen Grund, weshalb es dafür einen eigenen Berufsstand gibt. Nun bestehen aber Hemmschwellen, eine Steuerberatungskanzlei aufzusuchen, weshalb pfiffige Geflüchtete gern auf diverse Steuererklärungsapps zurückgreifen. Ich erkläre höchstens den Ablauf, wie man sich bei Elster registriert und an ein Zertifikat kommt, damit man die Steuererklärung in Angriff nehmen kann. Und doch entkomme ich dem Thema Steuererklärung nicht. Ein mir nahestehender Geflüchteter hatte auch die Steuer via App gemacht. All das war dann mehrere Wochen im Status Bearbeitung, ehe er aufgefordert wurde, noch Ergänzungen zu machen. Er tat dies. 24 Stunden später erhielt er dann das Angebot, dass er vermutlich um die 250 Euro für 2022 zurückerhalten würden, als Spesen für den Steuerberater sollten knapp 70 Euro fällig sein. Als er mir davon erzählte, fragte ich nach, ob er eigentlich auch den mit den Öffis zurückgelegten Weg zur Arbeitsstätte und die damit verbundenen Kosten angegeben hatte. Ja, so antwortete er, er wurde danach gefragt, aber nur für die Arbeit, die er 2022 zwei Monate hatte, nicht für seinen Job, den er das übrige Jahr 2022 hatte. Das habe ihn auch ein wenig gewundert. Mich wiederum wunderte die eher niedrige Rückerstattung freilich nicht mehr. Ich riet ihm also, seine Steuererklärung keinesfalls so einzureichen. Eine Steuererklärung mittels App ist halt auch nicht die Lösung.

    Aber selbst der Weg hin zu all den für eine Steuererklärung benötigten Unterlagen ist kein einfacher. Ein geschiedener Geflüchteter wollte für seine Kinder die Steuer-IDs erfahren. Also half ich ihm bei der Kommunikation mit dem Bundesamt für Steuern. Was soll ich sagen? Es ist kompliziert. Die an die Meldeadresse von Mutter und Kindern gesendeten Steuer-IDs kamen angeblich nicht an. Der Versand an seine Meldeadresse war trotz einigem Hin und Her nicht realisierbar. Wenn ich daraus was gelernt habe, dann dass ich im Bundesamt für Steuern eine Art Endgegner gefunden habe. Ein guter Rat zuletzt: Macht bitte übrigens nie den Fehler, in der Öffentlichkeit im Gespräch mit Geflüchteten das Wort Steuererklärung in den Mund zu nehmen. Wildfremde Menschen, die dies aufschnappen, werden euch sofort interessiert und höflich fragen, ob ihr denn bei der Steuererklärung helfen würdet. Sagt den Leuten dann mit der gebotenen Vehemenz, dass euch als dahergelaufene Herzchirurginnen oder Atomphysiker diese Thematik leider auch überfordert!

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    Aus unserer Beratungspraxis (I)

    Fragwürdiger DNA-Test

    Ende letzten Jahres ging eine hochschwangere Geflüchtete mit ihrem Freund, der einen deutschen Pass besitzt, zum Bürgeramt, um bereits vor der Geburt die Vaterschaftsanerkennung in die Weg zu leiten. Man vertröstete sie mit den Worten, dass das nach der Geburt recht unkompliziert erledigt werden könnte. Denkste! Dem Baby geht es zwar blendend, mehr nach 9 Monate später ist die Beurkundung der Vaterschaft aber noch immer ausgesetzt, weil die Behörden erst einen DNA-Test sehen wollen. Nun ist so ein DNA-Test ja nicht wirklich günstig. Zumal der Kindsvater gerade in einer Ausbildung ist und sich nicht einfach so ein paar Euro dazuverdienen kann. Noch übler aber ist, dass die Sache mit dem DNA-Test in keinem der vorliegenden Schreiben auftaucht, sondern den Eltern nur mündlich kommuniziert wurde. So geht das natürlich nicht! Die Notwendigkeit eines DNA-Test möchte ich zumindest mal schwarz auf weiß lesen. Ein diesbezüglicher Brief ist raus. Jetzt heißt es abwarten.

    otelo ist Mist

    Ein Praxistipp: Hände weg von otelo, der Discount-Marke von Vodafone. Bereits seit März 2022 beschäftigt uns folgender Fall. Ein Ende Februar 2022 abgeschlossener Sim-only-Mobilfunktarif wurde den vollmundigen Versprechungen eines Händler in Berlin-Neukölln nicht gerecht. Es folgte daher ein an otelo gerichteter Widerruf des Vertrags. Ein paar Wochen später kam als Antwort, dass das der Vertrag bestenfalls beim Händler widerrufen werden könne und sonst natürlich über die vereinbarte Laufzeit von 24 Monaten weiterginge. Wir haben daraufhin im Frühsommer letzten Jahres den Verbraucherschutz Berlin konsultiert und ein Antwortschreiben aufgesetzt. Danach war Ruhe, die Ruhe vor dem Sturm. Im Frühjahr 2023 nämlich erhielt der Geflüchtete Post von einem Inkassounternehmen. Auch hier setzte ich unverzüglich einen Brief auf, der dem Inkassounternehmen mitteilte, dass die Forderung zu Unrecht bestehe. Vor ein paar Wochen nun kam ein neuer Brief, dass in der Angelegenheit Rücksprache mit Vodafone gehalten wurde und die Forderung berechtigt sei. Wir reden mittlerweile über einen Betrag von fast 600 Euro, für den es keine Gegenleistung geben hat, weil der Geflüchtete die SIM-Karte nur wenige Tage genutzt hatte. Fassen wir nochmals zusammen: Dubiose Händler, die Mobilfunkprodukte aufschwatzen, machen die Drecksarbeit. Etwaige Einwände zum abgeschlossenen Vertrag werden vom Mobilfunkanbieter abgeschmettert, indem auf die Zuständigkeit des Händlers verwiesen wird. Wenn es um das Eintreiben vermeintlicher Schulden geht, ist dann aber der Mobilfunkanbieter zuständig. Was macht die für Verbraucherrechte zuständige Politik eigentlich so beruflich?

    Kommunenirrsinn

    Gleich mehrere Fälle mit geradezu absurden, teils absurden Nachforderungen diverser brandenburgischer Landkreise beschäftigen uns derzeit. Alle Fälle eint, dass die Kreiskassen jeweils einige Tausend Euro für Nutzungsentgelte aus dem Jahre Schnee haben wollen. Und als wären diese astronomischen Nutzungsentgelte nicht schon problematisch genug, kommen noch Zinsen und Säumniszuschläge dazu, die schon mal 30 Prozent der Gesamtforderung ausmachen. In der gesamten Debatte um die Unterbringung Geflüchteter wird so gern von der Belastung der Kommunen gesprochen. Was dabei oft unerwähnt bleibt, sind die – höflich ausgedrückt – bescheidenen Wohnverhältnisse, die sich die Kommunen, sobald Geflüchtete in Arbeit sind, dann mit vielen hundert Euro in Monat versilbern lassen möchten. Das ist schon ein starkes Stück. Und nicht selten kommen solch Forderungen mit arger Verzögerung und bedeuten dann einen finanziellen Genickbruch. In zumindest einem Fall haben wir es bei den geforderten Nutzungsentgelten sogar mit einem Geflüchteten zu tun, der seit 2014 in Deutschland ist und bis dato noch keine Arbeitserlaubnis hat. Eine Nachfrage an die Kreiskasse des Landkreises ist seit über einem Monat unbeantwortet. In der ganzen Diskussion über Belastungsgrenzen der Kommunen wird deren eklatante Missverwaltung mit keiner Silbe erwähnt. Schade!