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Aus unserer Beratungspraxis (III)

Heute mal wieder Haarsträubendes aus unserer Beratung und Begleitung…

Die Nachwirkungen von Zeitarbeit

Ein geflüchteter Mann mit Duldung, in seiner Heimat früher als Lehrer tätig, erhielt im Sommer 2022 von einem Bekannten den Tipp, doch bei einer Zeitarbeitsfirma in Brandenburg anzuklopfen, um die zuständige Ausländerbehörde eines brandenburgischen Landkreises dazu zu bringen, ihm aufgrund eines konkreten Jobangebots eine Arbeitserlaubnis zu geben. Er ging hin, die Zeitarbeitsfirma versprach, sich mit der Behörde in Verbindung zu setzen. Wenig später kam schon der Anruf der Firma, alles sei in trockenen Tüchern, er dürfe anfangen. So arbeitete er circa 1 Monat bei der Zeitarbeitsfirma, ehe es dann bei einem regulären Termin bei der Ausländerbehörde richtig ungemütlich wurde. Denn da wusste man nichts von einer angeblichen Arbeitsgenehmigung und verpasste ihm bei der Verlängerung der Duldung gleich ein striktes Arbeitsverbot. Als ich damit befasst wurde, wollte ich bei der Zeitarbeitsfirma ordentlich Krawall machen. Der Geflüchtete hatte jedoch Sorge, dann den noch ausstehenden Lohn nicht zu erhalten. Also hielt ich still.

Nun ein Jahr später ist die Sache noch immer nicht ausgestanden. Im Frühsommer 2023 kam nämlich ein Brief seiner Krankenversicherung, wonach er über 8 Monate nicht versichert gewesen sei. Wir füllten also den Fragebogen aus und gaben an, dass er in der fraglichen Zeit Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten hätte und somit die Versicherung bestand. Aus meiner Sicht war die Sache damit eigentlich erledigt. Meine Vermutung war schon damals, dass nach der einmonatigen Arbeitsaufnahme die vom Sozialamt des Landkreises abgeführten Krankenversicherungsbeiträge bei der betreffenden Krankenkasse falsch zugeordnet wurden. Ende August gab es nun eine Mahnung über mehr als 1700 Euro, die er im Zuge der nachträglichen Selbstversicherung zahlen sollte. Ich ließ mir eine Vollmacht für die Kontaktaufnahme mit der AOK ausstellen und schrieb dorthin. Die Antwort kam spät und war eher dürftig, das Problem sei mit dem Landkreis zu klären. Zugleich erreichte den komplett entgeisterten Geflüchteten ein Brief mit der Ankündigung, nun Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Also kontaktiere ich nun den Landkreis, um das Tohuwabohu aufzuklären. Es ist ärgerlich. Besonders ärgerlich neben all der investierten Zeit und den angeschlagenen Nerven des Geflüchteten ist der Umstand, dass eine windige Zeitarbeitsfirma einmal mehr ungeschoren davonkommt, wenn sie Geflüchtete ins offene Messer laufen lässt. Beim Geflüchteten, in seiner Heimat wohlgemerkt Mathelehrer, geht es dennoch aufwärts. Er hat mittlerweile endlich einen Chancenaufenthalt nach §104c erhalten und arbeitet seit ein paar Monaten in einer Autowäscherei.

Die Crux mit der Steuererklärung

Einer der heikelsten Punkte in der Beratung in Arbeit befindlicher Geflüchteter ist das Thema Steuererklärung. Da darf man ja nicht einfach so dabei helfen – und das ist auch gut so. Es gibt einen triftigen Grund, weshalb es dafür einen eigenen Berufsstand gibt. Nun bestehen aber Hemmschwellen, eine Steuerberatungskanzlei aufzusuchen, weshalb pfiffige Geflüchtete gern auf diverse Steuererklärungsapps zurückgreifen. Ich erkläre höchstens den Ablauf, wie man sich bei Elster registriert und an ein Zertifikat kommt, damit man die Steuererklärung in Angriff nehmen kann. Und doch entkomme ich dem Thema Steuererklärung nicht. Ein mir nahestehender Geflüchteter hatte auch die Steuer via App gemacht. All das war dann mehrere Wochen im Status Bearbeitung, ehe er aufgefordert wurde, noch Ergänzungen zu machen. Er tat dies. 24 Stunden später erhielt er dann das Angebot, dass er vermutlich um die 250 Euro für 2022 zurückerhalten würden, als Spesen für den Steuerberater sollten knapp 70 Euro fällig sein. Als er mir davon erzählte, fragte ich nach, ob er eigentlich auch den mit den Öffis zurückgelegten Weg zur Arbeitsstätte und die damit verbundenen Kosten angegeben hatte. Ja, so antwortete er, er wurde danach gefragt, aber nur für die Arbeit, die er 2022 zwei Monate hatte, nicht für seinen Job, den er das übrige Jahr 2022 hatte. Das habe ihn auch ein wenig gewundert. Mich wiederum wunderte die eher niedrige Rückerstattung freilich nicht mehr. Ich riet ihm also, seine Steuererklärung keinesfalls so einzureichen. Eine Steuererklärung mittels App ist halt auch nicht die Lösung.

Aber selbst der Weg hin zu all den für eine Steuererklärung benötigten Unterlagen ist kein einfacher. Ein geschiedener Geflüchteter wollte für seine Kinder die Steuer-IDs erfahren. Also half ich ihm bei der Kommunikation mit dem Bundesamt für Steuern. Was soll ich sagen? Es ist kompliziert. Die an die Meldeadresse von Mutter und Kindern gesendeten Steuer-IDs kamen angeblich nicht an. Der Versand an seine Meldeadresse war trotz einigem Hin und Her nicht realisierbar. Wenn ich daraus was gelernt habe, dann dass ich im Bundesamt für Steuern eine Art Endgegner gefunden habe. Ein guter Rat zuletzt: Macht bitte übrigens nie den Fehler, in der Öffentlichkeit im Gespräch mit Geflüchteten das Wort Steuererklärung in den Mund zu nehmen. Wildfremde Menschen, die dies aufschnappen, werden euch sofort interessiert und höflich fragen, ob ihr denn bei der Steuererklärung helfen würdet. Sagt den Leuten dann mit der gebotenen Vehemenz, dass euch als dahergelaufene Herzchirurginnen oder Atomphysiker diese Thematik leider auch überfordert!

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