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  • Behördenwahnsinn,  Neues,  Support

    Aus unserer Beratungspraxis (I)

    Fragwürdiger DNA-Test

    Ende letzten Jahres ging eine hochschwangere Geflüchtete mit ihrem Freund, der einen deutschen Pass besitzt, zum Bürgeramt, um bereits vor der Geburt die Vaterschaftsanerkennung in die Weg zu leiten. Man vertröstete sie mit den Worten, dass das nach der Geburt recht unkompliziert erledigt werden könnte. Denkste! Dem Baby geht es zwar blendend, mehr nach 9 Monate später ist die Beurkundung der Vaterschaft aber noch immer ausgesetzt, weil die Behörden erst einen DNA-Test sehen wollen. Nun ist so ein DNA-Test ja nicht wirklich günstig. Zumal der Kindsvater gerade in einer Ausbildung ist und sich nicht einfach so ein paar Euro dazuverdienen kann. Noch übler aber ist, dass die Sache mit dem DNA-Test in keinem der vorliegenden Schreiben auftaucht, sondern den Eltern nur mündlich kommuniziert wurde. So geht das natürlich nicht! Die Notwendigkeit eines DNA-Test möchte ich zumindest mal schwarz auf weiß lesen. Ein diesbezüglicher Brief ist raus. Jetzt heißt es abwarten.

    otelo ist Mist

    Ein Praxistipp: Hände weg von otelo, der Discount-Marke von Vodafone. Bereits seit März 2022 beschäftigt uns folgender Fall. Ein Ende Februar 2022 abgeschlossener Sim-only-Mobilfunktarif wurde den vollmundigen Versprechungen eines Händler in Berlin-Neukölln nicht gerecht. Es folgte daher ein an otelo gerichteter Widerruf des Vertrags. Ein paar Wochen später kam als Antwort, dass das der Vertrag bestenfalls beim Händler widerrufen werden könne und sonst natürlich über die vereinbarte Laufzeit von 24 Monaten weiterginge. Wir haben daraufhin im Frühsommer letzten Jahres den Verbraucherschutz Berlin konsultiert und ein Antwortschreiben aufgesetzt. Danach war Ruhe, die Ruhe vor dem Sturm. Im Frühjahr 2023 nämlich erhielt der Geflüchtete Post von einem Inkassounternehmen. Auch hier setzte ich unverzüglich einen Brief auf, der dem Inkassounternehmen mitteilte, dass die Forderung zu Unrecht bestehe. Vor ein paar Wochen nun kam ein neuer Brief, dass in der Angelegenheit Rücksprache mit Vodafone gehalten wurde und die Forderung berechtigt sei. Wir reden mittlerweile über einen Betrag von fast 600 Euro, für den es keine Gegenleistung geben hat, weil der Geflüchtete die SIM-Karte nur wenige Tage genutzt hatte. Fassen wir nochmals zusammen: Dubiose Händler, die Mobilfunkprodukte aufschwatzen, machen die Drecksarbeit. Etwaige Einwände zum abgeschlossenen Vertrag werden vom Mobilfunkanbieter abgeschmettert, indem auf die Zuständigkeit des Händlers verwiesen wird. Wenn es um das Eintreiben vermeintlicher Schulden geht, ist dann aber der Mobilfunkanbieter zuständig. Was macht die für Verbraucherrechte zuständige Politik eigentlich so beruflich?

    Kommunenirrsinn

    Gleich mehrere Fälle mit geradezu absurden, teils absurden Nachforderungen diverser brandenburgischer Landkreise beschäftigen uns derzeit. Alle Fälle eint, dass die Kreiskassen jeweils einige Tausend Euro für Nutzungsentgelte aus dem Jahre Schnee haben wollen. Und als wären diese astronomischen Nutzungsentgelte nicht schon problematisch genug, kommen noch Zinsen und Säumniszuschläge dazu, die schon mal 30 Prozent der Gesamtforderung ausmachen. In der gesamten Debatte um die Unterbringung Geflüchteter wird so gern von der Belastung der Kommunen gesprochen. Was dabei oft unerwähnt bleibt, sind die – höflich ausgedrückt – bescheidenen Wohnverhältnisse, die sich die Kommunen, sobald Geflüchtete in Arbeit sind, dann mit vielen hundert Euro in Monat versilbern lassen möchten. Das ist schon ein starkes Stück. Und nicht selten kommen solch Forderungen mit arger Verzögerung und bedeuten dann einen finanziellen Genickbruch. In zumindest einem Fall haben wir es bei den geforderten Nutzungsentgelten sogar mit einem Geflüchteten zu tun, der seit 2014 in Deutschland ist und bis dato noch keine Arbeitserlaubnis hat. Eine Nachfrage an die Kreiskasse des Landkreises ist seit über einem Monat unbeantwortet. In der ganzen Diskussion über Belastungsgrenzen der Kommunen wird deren eklatante Missverwaltung mit keiner Silbe erwähnt. Schade!

  • Neues,  Support

    Point of no Return & Durchgeknallt und obdachlos

    Wir haben euch schon länger kein Update gegeben, was auch daran liegt, dass es derzeit an Negativität nicht mangelt und neben kleinen Erfolgen derzeit leider auch in unserem Tun eher mittlere und große Katastrophen dominieren. Wir werden in den nächsten Tagen mehrere Updates posten, vielleicht seid ihr trotzdem an dem einen oder anderen Schicksal interessiert:

    Point of no Return

    Einen jungen Mann aus dem Tschad (Baujahr 1999), wohnhaft in einem Städtchen im Westen Brandenburgs, haben wir lange Zeit mal mehr, mal weniger begleitet. Zumindest vor Corona hatten wir viel Hoffnung, was seine Perspektive in Deutschland angeht. Er wollte seinen Schulabschluss nachholen und träumte davon, Lokführer zu werden. Alles schien möglich. Doch gerade in den letzten drei Jahren ging alles den Bach runter. Er schmiss die Schule, gerade weil es während der ersten Lockdowns natürlich auch nicht so viele Möglichkeiten zur Nachhilfe gab, damit ging natürlich auch der Traum vom Lokführer flöten. Auch weitere Ausbildungsmöglichkeiten verliefen im Sande, in seinen Jobs, etwa bei Tesla als Gabelstaplerfahrer, wurde er auch nicht wirklich glücklich.

    Dazu kamen private Probleme. Er hatte ein gemeinsames Kind mit einer Deutschen. Und obwohl diese 2022 in die Psychiatrie eingewiesen wurde, durfte er das Kind viele, viele Monate nicht sehen. Er hätte keinen Bezug zum Kind, argumentierte das Jugendamt. Erst Anfang diesen Jahres konnte er nach langem Hin und Her bei Gericht ein Umgangsrecht erwirken, eine Sorgerecht blieb in weiter Ferne. Ebenso quälte ihn, dass er noch immer eine Aufenthaltsgestattung hatte. Ein anwaltlicher Antrag, seine Klage gegen die Asylablehnung zurückzuziehen, um wenigstens den neu eingeführten Chancenaufenthalt zu bekommen, wurde laut Anwalt vom Gericht abgeschmettert. Sein Arbeitgeber Tesla, bei dem er beschäftigt war, hatte ihm zudem von einem Tag auf den anderen mitgeteilt, dass eine Arbeitserlaubnis nicht mehr für die Anstellung reichen würde, sondern er sofort einen Aufenthaltstitel vorlegen müsste. Als er diesen nicht beibringen konnte, wurde er entlassen.

    Irgendwann im Lauf des Frühjahrs war er mit den Nerven fertig, der Point of no Return erreicht: Er würde zurück in den Tschad gehen, weil es seiner Familie nicht gut ging. Trotz aller Risken, trotz aller Probleme! Sein einziger Wunsch hier in Deutschland war es, wenigstens den teuren Flug in den Tschad irgendwie bezahlt zu bekommen. Doch Rückkehrhilfe ist in Brandenburg allem Anschein nach ein Fremdwort. Die Ausländerbehörde winkte ab und verwies ihn an die örtliche Beratungsstelle der Diakonie. Der Haken daran war, dass es diese Beratungsstelle längst nicht mehr gab. Ich hatte eher halbherzig in Berlin ein paar Institutionen angefragt, aber entweder waren diese nur für Berlin zuständig oder aber sie meldeten sich schlicht nicht zurück. Halbherzig habe ich hauptsächlich deshalb agiert, weil ich im Stillen hoffte, dass dies nur eine Laune des jungen Mannes sei und er sich wieder fangen würde.

    Ende Mai schließlich erzählten mir befreundete Landsleute, dass der Geflüchtete tatsächlich in Tschad zurückgegangen war. Ich kontaktierte ihn per WhatsApp, er klang ungemein gelöst, so als würde er erst jetzt wieder daran glauben, irgendwie, irgendwo und vielen Widrigkeiten zum Trotz eine Zukunft zu haben. Er habe zwar selten Handyempfang und Strom gebe es im Dorf auch quasi nicht, er sei aber froh, in schweren Zeiten bei seiner Familie zu sein und helfen zu können. Die Passivität, die ihn hier in Deutschland in den Klauen hatte, war zugunsten des Gefühls, selbst anpacken und helfen zu können, gewichen.

    Als Wermutstropfen bleibt ein Kind, dass ohne einen sehr liebevollen Vater als Menschen aufwachsen muss. Das System Deutschland hat einen intelligenten jungen Menschen weichgekocht und ausgespuckt, ihm selbst bei seiner Rückkehr in den Tschad noch einen Tritt in den Hintern verpasst.

    Durchgeknallt und obdachlos

    Dienstag früh nahm ich aufgrund eines Außentermins nicht den üblichen Weg zur Arbeit, sondern trieb mich müde und mit Kaffee bewaffnet in der Nähe des Ostbahnhofs rum, als ich plötzlich einen von einem Zeltlager in der Mitte einer kleinen Wiese winkenden Mann sah. Mit einem Mal war ich wach! Vor mir stand A., ein seit einigen Wochen verschollenes „Sorgenkind“. Er begrüßte mich auf Deutschland und generell die ganze Welt schimpfend.

    Spulen wir mal zwei Jahre zurück. A., ein Tschader damals Anfang 30, hätte eigentlich einigermaßen froh sein können. Er hatte über die Vermittlung von jobs4refugees einen Job in einem Gartenbauunternehmen aufnehmen können. Er, der sich mehrere Jahre hatte gehen lassen und unzählige Strafen wegen Fahrens ohne Ticket angehäuft hatte, hatte zu diesem Zeitpunkt einen Unterstützer, der sich um mindestens ein Dutzend aufgelaufener Inkassoforderungen kümmerte. Ein Neustart nach bescheidenen Jahren schien möglich. Doch dazu kam es nicht. Denn wenige Tage vor Beginn des Jobs wurde er im Görlitzer Park überfallen und an der Schulter verletzt. Hallo Krankenhaus, adieu Job! Die Probleme mit der Schulter würden ihn noch einige Zeit begleiten. Er blieb der Pechvogel, der er auch schon zuvor gewesen war. Wobei Pech das ganze Schlamassel nur unzureichend beschreibt. A. zählte auch in der tschadischen Community schon länger zu den Abgehängten. Obwohl seit mindestens 2013 in Deutschland hatte er nie wirklich Deutsch gelernt, sondern sich ein Kauderwelsch angeeignet, was die Verständigung nicht immer einfach machte. Latent wohl länger vorhandene psychische Probleme wurden durch traumatisierende Erfahrungen verstärkt. Bei fast jeder Gelegenheit erzählte er die Geschichte eines länger zurückliegenden, mehrmonatigen Gefängnisaufenthalts. Bis heute kennt er den Grund dafür nicht. Er sei mit einem umtriebigen Supporter zu einem Gerichtstermin in Potsdam gebracht und dort länger befragt worden. Anschließend sei ihm gesagt worden, dass er gehen dürfe. Er sei mit dem Supporter dann aus dem Gerichtsgebäude geschlendert, nur um dann von einem Polizisten oder Angehörigen der Justizwache dann doch aufgehalten und in einer Wanne in ein Gefängnis gebracht zu werden. Dort habe man ihn mies behandelt, er hätte sich nackt ausziehen müssen und es wäre ein Ganzkörperröntgen gemacht worden. In seiner Zelle hätte er öfter Notizen auf arabisch auf einen Block gemalt. Dies führte dazu, dass er von einem Wächter fälschlich verdächtigt wurde, Al-Quaida nahezustehen. Er sei mehrfach verhört worden, ihm seien Bilder nackter Frauen gezeigt worden, vermutlich um eine Reaktion zu provozieren. So weit die nicht nachprüfbare Geschichte, wie er sie immer wieder erzählte.

    Bevor wir das alles als Schauermärchen abtun, will ich mal die für mich nachprüfbaren Fakten darlegen. Es gab tatsächlich eine stark zerfledderte Bescheinigung von einem mehrwöchigen Aufenthalt in einer brandenburgischen Psychiatrie. Was in den mickrigen Unterlagen jedoch fehlte, war irgendein Hinweis darauf, dass er danach jemals wieder in psychiatrischer Behandlung war. Was auch immer der Auslöser für die Einweisung war, der mentalen Gesundheit wurde anschließend keine Aufmerksamkeit geschenkt. Nun hatte A. tatsächlich mehrere Jahre einen Anwalt, doch zu diesem konnte man nicht mehr gehen, um mehr über die Vorgeschichte zu erfahren. Der Anwalt hatte seine Tätigkeit aufgegeben, ein Nachfolger sollte zunächst die Kanzlei und das Mandat übernehmen. Die Kanzleiübernahme wurde jedoch abgeblasen und schließlich landeten die Akten bei einem eher für russischsprachige Mandaten agierenden Anwalt. Zu diesem wollte der Tschader keinerlei Kontakt, überhaupt traute er Anwälten nicht mehr über den Weg. Also blieb dieser Weg der Aufarbeitung außen vor.

    Nicht hilfreich bei dem Versuch, A. wieder auf die Beine zu helfen, war der Umstand, dass der Mann öfter mal zu Drogen griff, zumindest Marihuanakonsum steht außer Zweifel. In von Drogen benebeltem Zustand war er zuvor schon mal aus Fenstern seiner Potsdamer Flüchtlingsunterkunft gefallen. Als er sich Anfang 2022 noch mit Supporter überwarf, schien dies kurzzeitig sogar ein Segen. Er hatte kein Geld für Drogen und blieb im Heim im Potsdam. Doch irgendwann Ende letzten Jahres dürfte er dann in ein betreutes Wohnen verlegt worden sein. Dort fühlte er sich allem Anschein nach nicht wohl, er kam wieder öfter nach Berlin, trieb sich an Treffpunkten der tschadischen Community herum und bettelte seine Landsleute um Geld an. Und das bringt uns nun wieder zu jenem Dienstagmorgen.

    A. begrüßte mich also schimpfend. Seine Landsleute würden mit dem deutschen System unter einer Decke stecken. Alle, denen er früher vertraut hätte, hätten sich gegen ihn verschworen. Er sei zu oft „in den A*sch ge*ickt“ worden. Er lebe jetzt schon 2 Monate auf der Straße, schlafe entweder auf der Wiese nahe dem Ostbahnhof oder bei schlechtem Wetter in einem Park. Er habe alles, alles satt. Er wolle zurück in den Tschad, dort sei seine Familie angesehen, hätte früher sogar Könige gestellt. Mein Blick fiel auf seine verkrüppelten, nackten Füße. Seine Schuhe seien vom Regen des vergangenen Tages nass, er habe kaum etwas zum Anziehen, keine vernünftigen Schuhe und leider auch kein Geld für ein Ticket aus dem Elend. Ich musste weiter, ich versprach aber, ihn in den kommenden Tagen dort wieder aufzusuchen.

    Durchgeknallt und obdachlos, so lautet das triste Fazit dieser Begegnung. Wie ich ihm helfen kann, ist mir nicht ganz klar. Falls jemand Kleidung in Größe M und Schuhe in der Größe 43 übrig hat, würde ich ihn wenigstens damit versorgen. Mehr an Hilfe scheint nicht möglich, ein tristes Ende vorprogrammiert. Mich persönlich hat dieses Zusammentreffen sehr traurig gestimmt.

    Danke für das Lesen dieser Zeilen. Demnächst mehr, dann auch wieder mit ein paar Lichtblicken.

    Wer unsere Arbeit unterstützen möchte, kann dies via Paypal tun: https://paypal.me/neukoellnhilft

    Danke!

  • Neues,  Support

    Abschiebung und Polizeigewalt

    Es begann Dienstag abends mit einem Hilferuf zu vorgerückter Stunde. Eine junge Frau aus dem Tschad und ihr 4-jähriges Kind sollten in der Nacht von Montag auf Dienstag aus einer Unterkunft in Peitz im Landkreis Cottbus abgeschoben werden. Die Abschiebung sei aus dem Ruder gelaufen, die Frau von der Polizei misshandelt und mit Verletzungen im Krankenhaus in Cottbus stationär aufgenommen worden. Das Kind würde vermutlich nun vom Jugendamt betreut. Da mir die Quelle dieser Nachricht vertrauenswürdig erschien, hatte ich sogleich den Flüchtlingsrat Brandenburg kontaktiert und ein paar meist wohlinformierte Menschen angeschrieben. Außerdem habe ich auch tschadische Freunde gebeten, in der Community die Ohren zu spitzen.

    Im Laufe des heutigen Mittwochs hatte ich endlich auch einen Namen und eine Telefonnummer. Damit ließ sich arbeiten. Doch leider war die Tschaderin telefonisch nicht erreichbar. Am Nachmittag meldete sich der Flüchtlingsrat Brandenburg zurück und versprach, über offizielle Kanäle eine Anfrage an die zuständigen Behörden zu stellen. Dazu kontaktierte mich noch eine im Landkreis in der Flüchtlingsberatung tätige Frau, um deren Engagement ich bereits aus früheren Kontakten wusste. Sie konnte mir den für Peitz zuständigen Migrationssozialarbeiter nennen und bot sich zudem an, Donnerstag als Übersetzerin ins Krankenhaus zu fahren. Im Lauf des Nachmittags bekam ich allmählich ein klareres Bild der Lage. Das Ziel des Abschiebeversuchs dürfte vermutlich Frankreich gewesen sein. Die Frau war vermutlich noch mit einer Aufenthaltsgestattung ausgestattet, was den Zeitpunkt der Abschiebung eher überraschend macht. Die Tschaderin hatte sich gegen die Mitnahme durch die Polizei gewehrt und daraufhin Verletzungen erlitten. Aus einer Quelle erfuhr ich, dass ein zeitnaher neuerlicher Abschiebeversuch drohen könnte.

    Nur damit wir uns nichts vormachen: In Cottbus darf die Tschaderin nicht auf Milde hoffen. Das Krankenhaus scheint bei Abschiebungen in der Vergangenheit ausgesprochen kooperativ gewesen zu sein. Die Ausländerbehörde genießt einen ganz schlechten Ruf. Und das Verwaltungsgericht Cottbus ist – höflichst formuliert – problematisch. Cottbus ist ein Hort des Grauens für Geflüchtete.

    Abschiebungen sind nie lustig. Vor allem aber scheinen sie eine ziemlich rechtsfreie Situation. Weil Übergriffe nicht geahndet werden, da die Personen, die sie betreffen, in meist weiter Ferne nicht gegen die Übergriffe vorgehen können. Wir haben uns fest vorgenommen, hier weiter am Ball zu bleiben und hoffen, morgen endlich mit der Tschaderin persönlich sprechen zu können. Wir bedanken uns für die zahlreichen, nützlichen Rückmeldungen!

  • In eigener Sache,  Neues,  Support

    Die Faxen dicke

    Wir haben die Faxen dicke und wittern Verschwörungen. Hier lest ihr warum…

    Doch vorab einmal mehr die Bitte unseren Kampf zu unterstützen. Details dazu hier: https://www.paypal.com/pools/c/8R5xxoXdjC

    Zu viele Köche

    Einen Geflüchteten mit 100% Schwerbehinderung haben wir im vergangenen Jahr nach Kräften unterstützt. So konnte ich etwa Geld für teure Medikamente, die in der Nachsorge nach einer Augen-OP nötig und nicht vom Sozialamt (trotz Antrags) übernommen wurden, auftreiben. Auch sonst stand ich ihm im Kleinkampf mit Behörden bei, auch weil er betonte, dass die Sozialarbeiter in seinem Heim ihn nicht im nötigen Maße unterstützen. Ich hatte ihn auch zu Terminen zum Brandenburgischen Flüchtlingsrat begleitet. Kurzum, es schien viel zum Guten zu wenden. Dieser Tage nun wollte ich einen Antrag auf Chancenduldung bei der für ihn zuständigen Ausländerbehörde des Landkreises Potsdam-Mittelmark stellen. Doch vorher hielt er mir noch einen Wisch unter die Nase, der mir die Sprache verschlug. Sein Antrag auf Umverlegung nach Potsdam wurde genehmigt. Ein Antrag, den wohlgemerkt Sozialarbeiter vor Ort, gestellt hatten, weil er in dem Heim so unglücklich ist. Der Geflüchtete versprach sich einen raschen Ausweg aus der Misere. Was für ein Mist! Wer schon mal solche Umverteilungen durchgemacht hat, weiß ziemlich genau, dass nichts schnell geht und alle Leistung neu beantragt und geprüft werden müssen. Das Sprichwort, wonach zu viele Köche den Brei verderben, trifft hier zu gut. Und mich beschleicht der Verdacht, dass man ihn so schön aus dem Landkreis hinauskomplimentiert hat…

    Sticht ins Auge

    Auch im nächsten Fall aus Märkisch-Oderland geht es um einen diesmal sehr jungen Geflüchteten mit einer Augenerkrankung, die schon mehrere OPs notwendig machte. Dass er zudem an Morbus Crohn leidet, macht seine Situation nicht leichter. Vom Landkreis kommt wenig und auch das Land Brandenburg baut Mist. Im Dezember nun kam ein Ablehnungsbescheid bezüglich Neufeststellung seiner Ansprüche nach Schwerbehindertenrecht. Er habe keine Einwilligungserklärung trotz mehrfacher Aufforderung gegeben, weshalb eine aktuelle Feststellung des Gesundheitszustands nicht möglich sei, so das Landesamt für Soziales und Versorgung in Cottbus. Das ist natürlich nicht richtig, ich habe mit ihm das diesbezügliche Formular schon im Sommer ausgefüllt und dazu im Herbst noch mal ein Schreiben zwecks Nachfrage verfasst. All das will die Behörde nicht erhalten haben? Ein schlechter Scherz, den wir so jetzt nicht auf uns sitzen lassen. Die Frist für den Widerspruch ist zwar leider schon verstrichen, ein Neuantrag wird aber jetzt gestellt und eine Beschwerde hinsichtlich Bearbeitung des alten Antrags natürlich gestellt. Das Maß, in dem Bürokraten hier Hilfe verweigern, sticht nämlich wirklich ins Auge.

    Bürokratensperenzchen

    Apropos Bürokratie! Wir sind nun bei unserer Rundreise durch den Speckgürtel Berlins bis nach Brandenburg an der Havel gekommen. Dort wird ein Geflüchteter, der im Rahmen der Vorgriffsregelung den Antrag auf Chancenaufenthalt bereits im Herbst 2022 gestellt hat, mit allerlei bürokratischen Schikanen konfrontiert. Was er alles an Unterlagen beibringen und nachreichen soll, hat selbst mich überrascht. Es bleibt der Eindruck, dass es sich um eine Verzögerungstaktik der dortigen Ausländerbehörde handelt. So muss er unter anderem die Nebenkostenabrechnung nachreichen. Er wohnt in einem Heim, ist aufgrund von Erwerbstätigkeit nicht auf Sozialleistungen angewiesen. Er bräuchte den Aufenthaltstitel noch dazu dringend, um in einem Sorgerechtsprozess bessere Karten zu haben. Es geht also um viel für ihn und die Ausländerbehörde will alles unnötig in die Länge ziehen. Wir haben jetzt die Unterlagen zusammengesucht und die Behörde gefragt, ob ihr noch etwas einfällt, was zur Verlängerung des nach Beibringung der Unterlagen ohnehin noch 8 Wochen dauernden Genehmigungsverfahrens beiträgt. All die bürokratischen Sperenzchen müssen eine Ende haben!

    Alles verloren

    Ein sehr rüstiger Rentner, der viel in der Geflüchtetenhilfe macht, hatte mich vor knapp 3 Wochen aufgeregt und ratsuchend angerufen. Ein ihm flüchtig bekannter Geflüchteter stand an einem kalten Januarmorgen leicht bekleidet und ziemlich wegtreten vor seiner Tür. Er sei völlig erschöpft und schlafe jetzt auf dem Sofa, so der Bericht. Ich machte mich am späteren Nachmittag auf den Weg in den Norden Berlins. Und tatsächlich war der Zustand an Erschöpfung frappant. Kaum aufgeweckt, sagte er ein paar undeutliche Dinge und schlief gleich wieder ein. Selbst ein zur Übersetzung gerufener Geflüchteter, der zugleich als Pflegehelfer arbeitet, konnte aus ihm nichts rausbekommen. Immerhin hatte er kein Fieber, auch der Puls war normal. Wir beratschlagten, ob man ihn in ein Krankenhaus bringen oder einfach weiter ausschlafen lassen sollte. Der Rentner erklärte sich bereit, ihn bei sich erholen zu lassen. Nach gut 24 Stunden wurde der Geflüchtete allmählich gesprächiger. Er habe, wohl nicht zum ersten Male, ein kompletten mentalen Zusammenbruch gehabt. Er sei an 2 Tagen hintereinander in der Rettungsstelle eines Krankenhauses gewesen und anscheinend beide Male vom Untersuchungstisch gesprungen und getürmt. Sämtliche Habseligkeiten, also Brieftasche und die darin befindlichen Ausweise, Smartphone und sein Rucksack waren verschwunden. Eine Verlustanzeige wurde gestellt, die Fundbüros Berlin angeschrieben. Es war viel und leider auch erfolglose Arbeit. Zumal sich immer mehr herauskristallisierte, dass er wohl mehrere Tage, vielleicht sogar eine Woche, ziellos durch Berlin irrte. Was all das ausgelöst hat, ist bis heute unklar. Fest steht, dass er bei Rückkehr in sein Wohnheim bereits die fristlose Kündigung der Zeitarbeitsfirma vorfand, weil er unentschuldigt nicht zur Arbeit erschienen war. Im Moment hängt er einigermaßen in der Luft. Von dem Geld, was ihm die Firma noch schuldet, wird er wohl nicht viel sehen, weil ein guter Teil davon als Vertragsstrafe einbehalten wird. Immerhin hat er mittlerweile eine Bankkarte, eine neue Krankenversicherungskarte und auch einen neuen Aufenthaltstitel bekommen. Aber neben diesen zu ersetzenden Dingen und der finanziellen Misere stellt sich halt auch die Frage, ob er bei all dem nicht auch sich selbst und all die mühsam aufgebaute Stabilität verloren hat. Jetzt, wo sich das unmittelbare Chaos legt, werde ich vor allem versuchen, ihn zu einer psychosozialen Beratung zu bewegen.

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    Immer locker bleiben, Sisyphos!

    Immer locker bleiben, muntern wir uns auf. Aber momentan ist nichts einfach und alles kompliziert. Doch lest selbst, warum wir uns wie Sisyphos fühlen.

    Vorab eine große Bitte: Unsere Spendenkasse (PayPal.Me/neukoellnhilft) ist leer. Zögert also nicht, wenn ihr helfen wollt und könnt, denn… Weihnachten naht!

    Tausend Sorgen und kein Cent

    Die letzten Monate habe ich so einiges an Hirnschmalz investiert, um den Schuldenberg eines Geflüchteten zu überblicken. So einige der bösen Briefe sind auf das Fahren ohne Ticket zurückzuführen, doch da sich der Geflüchtete auch verbal mit der Polizei angelegt hat, weil er sich rassistisch behandelt fühlte, waren auch die einige Brief von Staatsanwaltschaft und Gericht dabei. Die Tagessätze, zu denen er verurteilt wurde, lassen wenig Hoffnung zu. Dazu gesellt sich noch die eine oder andere schikanöse Forderung des Landkreises. Das Arbeitsverbot, mit dem er zudem von der Ausländerbehörde belegt wurde, zwingt ihn zur Untätigkeit. Und die Sorgen ertränkt er in Alkohol. Es ist schade, denn er ist ein kluger und zugleich charismatischer Kerl. Nun war der Plan, dass ich Ratenzahlungen aushandle und er durch eine illegale Beschäftigung Geld verdient, um mindestens 150 Euro im Monat abzustottern. So weit die Theorie. Dieser Tage nun rief er mich an und teilte mir mit, dass es mit der Arbeit nichts wird und er somit die ausgehandelten Ratenzahlungen nicht leisten könne. Dass es für ihn scheinbar keine Lösung gibt, ist extrem betrüblich. Ja, mit seiner impulsiven und aufmüpfigen Art steht er sich selbst im Wege. Aber nein, sein Leben müsste so bescheiden nicht sein. Ich bin ratlos.

    Hausverbot in der VHS

    Das ist mir so auch noch nicht untergekommen. Dass mir ein Brief vor die Nase gehalten wird, in welchem ein brandenburgische VHS gegenüber einer geflüchteten Frau ein Hausverbot ausspricht. Die Frau war allem Anschein nach nicht zum ersten Mal verbal mit dem Dozenten des Integrationskurses aneinandergeraten, fühlte sich schlecht behandelt. Als die Lehrkraft begann, den Wortwechsel per Smartphone zu filmen, kam es zur Eskalation. Die Frau wurde des Kurses verwiesen und wollte den Raum nicht verlassen, weshalb die Polizei eingeschaltet wurde. So das Bild, welches sich durch die Schilderung der Geflüchteten und der von mir erbetenen Stellungnahme der Direktorin der VHS ergibt. Ich habe natürlich versucht, bei der VHS eine Aufhebung des Hausverbots und die Versetzung in einen anderen Kurs zu erwirken. Leider ohne Erfolg. In der Antwort hielt man der Geflüchteten vor, dass sie nicht regelmäßig am Kurs teilgenommen habe. Die Geflüchtete wiederum argumentiert, dass sie teils deshalb nicht kommen hatte können, weil ihre Kinder daheim krank gewesen wären. Das Problem. welches sich nun stellt, ist der Mangel an alternativen Kursangeboten im Landkreis. Für mich bleibt der Eindruck, dass die Geflüchtete hier von der VHS im Stich gelassen wurde. Die Andeutung der Leitung, dass die Geflüchtete aufgrund familiärer Probleme derzeit mit einem Integrationskurs überfordert wäre, halte ich für problematisch. Die mir bekannten Probleme der Familie bestanden zumindest 2021 darin, dass die Kinder der Familie den Selbstmord eines befreundeten, geflüchteten Nachbarn quasi live miterleben mussten und viel darüber sprachen. Fassen wir also zusammen: Die Frau hat es nicht leicht und statt konstruktiven Hilfsangeboten werden ihr immer weiter Steine in den Weg gelegt. Es ist eine Schande!

    Die Last der Unterhaltungsverpflichtungen

    Müde schaute der Geflüchtete aus, als ich ihn dieser Tage vormittags in einem Kreuzberger Cafe traf. Er kam gerade aus der Nachtschicht eines prekären Knochenjobs. Trotz Zulagen darf er sich am Ende des Monat nur über 1400 Euro netto freuen. Und dann ist da noch der Wisch vom Jugendamt, wonach er für seine beiden Kinder, die er wochenends sehen darf, gefälligst Unterhalt zu zahlen hat. Nach Jahren, in denen er von Sozialleistungen abhängig war, gelang ihm diesen Sommer der Einstieg ins Berufsleben. Im Sommer schien noch alles gut zu werden. Er freute sich, endlich arbeiten zu dürfen, selbst ein Zimmer in Berlin hatte er gefunden. Doch nun soll er 232 Euro monatlich an Unterhalt und zudem bereits aufgelaufene Schulden an die Unterhaltsvorschusskasse in Raten bezahlen. Er zeigte mir seine Kontoauszüge, bejammerte gestiegene Wohn- und Stromkosten, zählte mir seine Verpflichtungen – er muss auch seine Familie in der Heimat helfen – auf. Da bleibt für ihn so gut wie nichts. Ich habe jetzt in einem Akt von Ratlosigkeit nochmals um eine Überprüfung des ermittelten Unterhalts angesucht und allerlei Belege hingeschickt. Er schöpfte Hoffnung. Müde freilich war er immer noch.

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    Lache, wenn es nicht zum Weinen reicht

    Es ist wieder einmal Zeit, euch zu berichten, was uns so umtreibt. Wir würden uns sehr freuen, wenn ihr die eine oder andere Minute für diese Einblicke in unser Tun erübrigen könnt.

    Wie immer ist damit die Bitte um Unterstützung verbunden. Die Zeiten sind hart und natürlich dreht man jetzt jeden Spendenpfennig mehr als dreimal um. Wenn ihr etwas entbehren könnt und wollt, zögert bitte nicht. Ohne falsche Bescheidenheit: Unser Einsatz ist oft der letzte Strohhalm für Geflüchtete! Hier der Link: https://paypal.me/neukoellnhilft

    Briefe im Zug nach Nirgendwo

    Beginnen wir mal mit einer Geschichte aus der Kategorie Pleiten, Pech und Pannen. Im August habe ich mir die Finger wund geschrieben, um einen Geflüchteten aus dem gröbsten Schlamassel rauszupauken. Ein Brief an eine Staatsanwaltschaft, ein Wisch an ein Amtsgericht und zwei Schriebe an Inkassofirmen. Der Geflüchtete, dem ich da helfen musste, ist kein schlimmer Finger. Nur jemand, der ein Jahr lang keine Briefe geöffnet hatte und etwa wegen wiederholtem Fahren ohne gültigem Ticket ordentlich in die Bredouille geriet. Keine Frage, das wäre eigentlich ein Fall für einen Anwalt gewesen. Der Sturkopf wollte jedoch partout keinen Anwalt haben. Ich war eigentlich recht zuversichtlich, dass sich schon alles lösen lassen würde. Spätestens seit Ende September begann ich mir jedoch Sorgen zu machen. Der Geflüchtete war telefonisch schwer bis gar nicht erreichbar, ließ vereinbarte Termine platzen und schien leider wieder dem Alkohol zuzusprechen. Längst hatten sich Antwortschreiben angesammelt, die er mir zeigen wollte. Und natürlich kam, wie es kommen musste. Ein erneuter Anlauf eines Treffens gipfelte darin, dass der Geflüchtete die Tasche mit den Briefen der vergangenen Wochen, zehn Stück sollen es gewesen sein, im öffentlichen Nahverkehr verlor. Und seither nicht wieder bekam. Nun also gilt es, die angeschriebenen Behörden und Inkassofirmen nochmals zu kontaktieren. Das wird ein Spaß. Traurig freilich ist, dass der Geflüchtete eigentlich ein sehr helles Köpfchen mit charismatischem Auftreten ist. Wie schade, dass ihn Arbeitsverbote in die Perspektivlosigkeit driften haben lassen. Und der Alkohol tut sein Übriges!

    Ding-Dong-Ping-Pong

    Geflüchtete haben eine Mitwirkungspflicht bei der Feststellung ihrer Identität. Wer keine Bemühungen bei der Passbeschaffung nachweisen kann, kommt über eine Duldung nicht hinaus. Doch wie sieht die Chose aus, wenn Ausländerbehörden selbst die Passbeschaffung sabotieren? Wir sind gerade mit zwei Fällen konfrontiert, bei denen zwei brandenburgische Ausländerbehörden die beigebrachten Originale von Geburtsurkunden einbehalten haben und den Geflüchteten lediglich eine mit Stempel versehene Kopie ausgehändigt haben. Doch ein Ding Dong bei der Botschaft bringt halt leider nichts. Weil besagte Botschaft gerne das Original der Geburtsurkunde vorgelegt bekommen will. Und wenn die Geflüchteten dann mit dieser Info bei der Ausländerbehörde aufschlagen, bekommen sie das Original der Geburtsurkunde freilich nicht ausgehändigt, sondern werden erneut an die Botschaft verwiesen. Dieses Ding-Dong-Ping-Pong vermochte bisher auch ein hinzugezogener Anwalt nicht zu durchbrechen. Da mit den Duldungen in beiden Fälle auch explizite Arbeitsverbote einhergehen, sind die seit mehr als 7 Jahren in Deutschland befindlichen Geflüchteten zur Untätigkeit verdammt. Könnt ihr euch ausmalen, wie es diesen beiden Menschen geht?

    Elephant in the room

    Machen wir uns nichts vor, Lösungen lassen nicht nur dann finden, wenn Geflüchtete im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch daran mitwirken. Und natürlich gibt es Geflüchtete, die sich zu sehr darauf verlassen, dass man Probleme schon irgendwie für sie löst. Doch gibt es auch den umgekehrten Fall. Dass Geflüchtete von mehreren Seiten Unterstützung bekommen. Aber eben nicht in dem Maße, welches nötig wäre, um die Lebenssituation nachhaltig zu bessern. Der Geflüchtete, um den es nun konkret geht, hat mindestens eine Handvoll Unterstützer, an die er sich wenden kann. Trotzdem hat sich seine Situation wieder einmal zugespitzt. Er steht Anfang Dezember ohne Zimmer da. Seit einigen Monaten schon ist er mal hier und da untergeschlüpft, eine dauerhafte Lösung fand sich nie. Eine Kirchengemeinde half ihm mit einer Meldeadresse aus, wodurch zumindest sichergestellt wurde, dass er nicht zum U-Boot wird. Doch das bessert seine Situation kaum. Er verfügt zwar über einen langfristigen Aufenthaltstitel. In der Welt prekärer Jobs lässt er sich auch nicht unterkriegen. Zugleich kommt er mit essentiellen Dingen überhaupt nicht zurecht. Er schafft es zum Beispiel nicht, eigenständig eine Banküberweisung vorzunehmen. Er scheitert an Bürokratie. Er muss an Termine bei Fachärzten erinnert werden. Doch verpasst er diese auch. Zu besonders wichtigen Terminen wird er, der seit drei Jahren eine schwerwiegende Erkrankung hat, oftmals begleitet. Eine Lösung wäre wohl eine gesetzliche Betreuung, doch diesen Elephant in the room spricht niemand an. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Der Geflüchtete ist nicht doof, ihm fehlt es halt an Konzentration und Eigenständigkeit. Momentan bin ich gerade wieder dran, ihm aus der Patsche zu helfen. Er hat vermutlich in einer Behörde in Berlin seinen Aufenthaltstitel verloren. Verlustanzeige ist gemacht, Fundbüro ist angeschrieben und auch die Ausländerbehörde wurde um einen zeitnahen Termin für die Neuausstellung des Aufenthaltstitels gebeten. Einen WBS-Antrag zur Lösung seiner Wohnsituation habe ich ebenfalls ausgefüllt. Doch selbst wenn sich auf wundersame Weise eine Wohnung für ihn findet, der Elefant im Raum wird mit einziehen.

  • Neues,  Neukölln,  Support

    Update am Ende einer turbulenten Woche

    Eine turbulente Woche neigt sich dem Ende zu. Lassen wir doch mal die Geschehnisse Revue passieren! Ehe wir uns die Tage mal den deprimierenden Stoff reinziehen, geht es heute relativ harmlos zu.

    Vorab wie immer unsere Bitte: Unterstützt uns, sofern euch dies in diesen Zeiten möglich ist. Herzlichen Dank! Der Link: https://paypal.me/neukoellnhilft

    Ein Lottotreffer und kein Glück

    Zimmer/Schlafplatz in Berlin wird ab 15.10. dringend gesucht!

    Was hat er doch wie ein Honigkuchenpferd gestrahlt, als er mir die frohe Kunde mitteilte. Der junge Geflüchtete aus dem Tschad hat einen Job gefunden und zwar einen, bei dem er mit einem Gabelstapler durch eine große Fabrik eines sehr angesehenen Unternehmens vor den Toren Berlins düsen darf. Er kann es kaum erwarten, Mitte Oktober dort anzufangen. Es fühlt sich für ihn wie ein Lottotreffer an, mindestens aber wie das Ende vieler Widrigkeiten an. Der Haken an der Geschichte? Er bräuchte dafür ein WG-Zimmer oder zumindest eine Couch, idealerweise im Osten Berlins. Denn im Moment wohnt er im Südwesten Brandenburgs, ein tagtägliches Pendeln ist nicht praktikabel. Und bislang ist seine so optimistisch begonnene Suche noch glücklos geblieben. Falls ihr etwas wisst oder anzubieten hat, meldet euch bitte bei uns. Denn was ist schon ein gefühlter Lottotreffer ohne Dach über dem Kopf!

    Money for nothing (Inkassomathematik)

    In der Stimmung für ein wenig Zahlenjongliererei? Ein Geflüchteter, nennen wir ihn einen sympathischen Chaoten, war mit einem Telefonvertrag 2021 ins Straucheln gekommen. Dass er aus der Misere nicht rauskam, ist übrigens auch einem Arbeitsverbot einer berüchtigten Ausländerbehörde zu verdanken. Zu aller Erst aber natürlich seiner Verpeiltheit! Es kam, wie es kommen musste, die Chose, ursprünglich eine Forderung über knapp 460 Euro, war mit Vollstreckungsbescheid auf circa 708 Euro angewachsen. Ein berüchtigtes Inkassoanwaltsbüro tat seinen Job, eine Begleichung der Schuld in kleinen Raten wurde vereinbart. Dafür wurde noch einmal eine Teilzahlungsgebühr von knapp über 152 Euro fällig, wodurch die Gesamtschuld also auf ungefähr 860 Euro anwuchs. Und obwohl seit über einem Jahr jedes Monat per Lastschrift ein paar Euro zurückgezahlt wurden, beträgt die Restschuld (auch dank Zinsen) noch immer fast 760 Euro, also sogar über dem im Vollstreckungsbescheid genannten Betrag. Das erste Jahr der Rückzahlung stand also unter dem Motto „Money for nothing“. Besagte 760 Euro sind, so in einem dieser Tage eintrudelnden Schreiben, nun sofort in voller Höhe fällig. Der Geflüchtete ist völlig verdattert und fragt nach dem Grund. Wir trauen Inkassoanwälten zwar grundsätzlich alles zu, werden aus dem Schreiben aber auch nicht schlau. Nächste Woche schaut da eine uns bekannte Schuldenberaterin da mal drauf.

    Der Grund, weshalb wir euch dies erzählen: Es braucht endlich eine vernünftige Politik, die gangbare Wege aus Schuldenfallen ermöglicht. Wenn sich eine völlig berechtigte Ursprungsforderung von knapp 460 Euro auf die fast doppelte Höhe aufbläht, dann ist das Bockmist und verhindert einen geordneten Weg aus der Armut. Das geht so nicht weiter!

    Dem Untergang geweiht (Tesla-Edition)

    Wir verraten euch die bittere Wahrheit nur ungern: Wir werden alle sterben. Und zwar womöglich nicht hochbetagt auf ein erfülltes Leben zurückblickend, sondern vermutlich Minuten, nein, vielmehr Sekunden, nachdem Elon Musk dank Tesla, SpaceX und Starlink die Weltherrschaft erlangt hat. Woher wir das wissen? Ein Geflüchteter, der dieser Tage bei Tesla angefangen hat, war mit den Tücken des Tesla-Intranets überfordert. Einerseits bekam er ständig die Nachricht von Human Ressources seine Daten schnellstens zu überprüfen, weil er sonst den Lohn um einen Monat verspätet erhalten würde, andererseits wurde ihm trotz Nachfrage nicht erklärt, was denn genau fehlt. Und da bat er mich um Unterstützung. Und was soll ich sagen, das Tesla-Intranet war auf seinem alten iPhone nicht zu verwenden. Also haben wir uns auf meinem Smartphone eingeloggt, um etwaige fehlende Angaben nachzutragen. In puncto Useability war es eine einzige Katastrophe. Von einem Weltkonzern wie Tesla hätte ich so etwas nicht erwartet. Wer immer dies hier zusammengeschrottet hat, sollte besser nicht an den wirklich wichtigen Projekten herumprogrammieren.

    Was übrigens noch gefehlt hatte, war ein Notfallkontakt, das Religionsbekenntnis sowie die gewünschte Anrede. Jetzt steht einer pünktlichen Lohnzahlung hoffentlich nichts mehr im Wege. Außer vielleicht ein unterirdisches Inside-Tesla-Portal.

    Bye-bye Nürnberg!

    Sie sind Bruder und Schwester. Beide sind aus Nigeria und als Drittstaatler wegen des Kriegs in der Ukraine nach Deutschland gekommen.. Er hat in der Ukraine Medizin studiert, sie hat eine Krankenschwesterausbildung gemacht. Jetzt sind beide in Deutschland. Er in Berlin, wo er schon Deutschkurse absolviert und eine Arbeit gefunden hat. Eine bewundenswerte Unterstützerin hat für ihn gerade eine Ausbildung eingefädelt, welche ihm wiederum eine Bleibeperspektive bietet und – auf längere Sicht gesehen – hoffentlich die Fortsetzung des Studiums. Er ist well spoken und smart, wenngleich ihn das bürokratische Wirrwarr der vergangenen Monate doch extrem frustriert. Bei seiner Schwester sieht der Fall leider anders aus. Sie hatte das große Pech, nach Bayern verteilt zu werden. Die blutjunge Frau ist mit der Situation gänzlich überfordert. In Nürnberg gestrandet hat es bislang noch nicht mit einem Deutschkurs geklappt. Jetzt wäre es eigentlich logisch, dass sie zu ihrem Bruder nach Berlin zieht. Der hat immerhin schon eine eigene Wohnung gefunden. Wenn das mal im Jahre 2022 keine Leistung ist! Aber so einfach ist ein Transfer nach Berlin leider nicht.

    Bruder und Schwester kommen aus einer für nigerianische Verhältnisse nicht eben armen Familie aus Lagos, der größten Stadt des Landes. Das Argument vieler Drittstaatler aus der Ukraine, wonach eine Rückkehr in ihr Heimatland nicht zumutbar sei, greift hier nicht. Der deutsche Staat sollte natürlich dennoch ein großes Interesse haben, dass Bruder und Schwester Studium und Ausbildung hier fortsetzen können. Speziell im Bereich Pflege herrscht doch Personalmangel. Warum nur werden Drittstaatler aus der Ukraine noch immer nicht als Chance begriffen, sondern müssen im besten Fall den Weg über studienferne Ausbildungen gehen? Denn mit etwas Glück wird die junge Frau nun einen Wisch erhalten, wonach ihr ein Einstieg in eine Ausbildung zugesagt wird, wenn sie nach Berlin umverteilt würde. Eine Ausbildung im Dienstleistungsgewerbe wohlgemerkt. Den Traum vom Krankenschwesterdasein kann sie sich vorerst abschminken. Doch immerhin, hoffentlich heißt es bald Bye-bye Nürnberg.

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    3-mal Stirnrunzeln!

    Geht bitte weiter! Es gibt außer Sorgenfalten heute nichts zu sehen. Und die Sorgenfalten findet man derzeit ohnehin an jeder Straßenecke. Es gibt also wirklich nichts zu sehen. Falls ihr doch weiterlesen wollt, tut euch keinen Zwang an.

    Vorab wie immer die Bitte: Wenn ihr in schwierigen Zeiten Geld übrig habt, wären wir sehr dankbar. Auch wir merken die schweren Zeiten, diesen Monat hatten wir Spenden von knapp über 100 Euro zur Verfügung. Unser Spendenlink: https://paypal.me/neukoellnhilft

    Die erste Sorgenfalte widmen wir heute der Agentur für Arbeit Zossen. Ein Geflüchteter hatte einen bis 05.07.2022 befristeten, zweijährigen Arbeitsvertrag. Obwohl er eigentlich auf eine Verlängerung hoffte, meldete er sich den Vorschriften entsprechend laut Arbeitsagentur am 06.04.2022 als arbeitssuchend. Tatsächlich wurde sein Vertrag nicht verlängert. Nach knapp über einem Monat Arbeitslosigkeit hat er inzwischen wieder einen Job gefunden. Nun flatterte ihm aber ein Brief der Arbeitsagentur ins Haus. Es ging um eine Anhörung bezüglich Sperrfrist, weil er sich laut Agentur für Arbeit einen Tag zu spät arbeitssuchend gemeldet habe. Eine diesbezügliche Meldung hat nämlich spätestens 3 Monate vor dem Ende des Arbeitsvertrages zu erfolgen. Der Geflüchtete ist fest davon überzeugt, dass das Eingangsdatum seiner Meldung falsch ist, diese am 05.04. erfolgt sei. Aber Sperrfristen werden halt gerne reingewürgt, weil auf diese Weise eine Woche Arbeitslosengeld nicht ausgezahlt werden muss. Nun kann man argumentieren, dass Gesetz halt Gesetz ist. Aber wegen einem vermaledeiten Tag gerade jetzt jemanden ohne Rücklagen in eine finanzielle Schieflage zu bugsieren, ist schlicht und ergreifend Mist. Großer Mist!

    Die zweite Sorgenfalte gehört der Ausländerbehörde in Oranienburg, die der Landkreis Oberhavel euphemistisch Servicepunkt Migration nennt. Ein Geflüchteter, in seiner Heimat Lehrer gewesen, lebt seit 5 Jahren in Deutschland. Er hat nur eine Duldung, das bedeutet, dass Beschäftigung höchstens mit Genehmigung der Ausländerbehörde gestattet ist. Geflüchtete müssen erst einen Arbeitgeber finden, der ein verbindliches Arbeitsangebot zur Vorlage bei der Ausländerbehörde abgibt und zudem bereit ist, darauf zu warten, bis die Ausländerbehörde grünes Licht gibt. Falls sie es denn tut. Nun schien es, als habe der Geflüchte nach zahlreichen Anläufen endlich Glück. Das Vorstellungsgespräch bei einer Zeitarbeitsfirma lief gut. So gut sogar, dass die Zeitarbeitsfirma versprach, alles mit der Ausländerbehörde zu klären. Im August machte sich der Geflüchtete nach Baden-Württemberg auf, um dort als Lagerhelfer zu arbeiten. Vor einigen Tagen kam er zurück nach Brandenburg, um seine Duldung verlängern zu lassen. Und er staunte nicht schlecht. Bei der Ausländerbehörde wusste man angeblich nichts von seiner Arbeitsaufnahme und schrieb gleich ein Beschäftigungsverbot in die Duldung rein, man drohte ihm mit weiteren Konsequenzen. Jetzt ist er fassungslos und hilflos und ein Häufchen Elend. Weshalb er das Geld von der Arbeit gut gebrauchen könnte? Beispielsweise um seinen Anwalt zu bezahlen, der von ihm noch über 700 Euro einfordert. Übrigens, der Anwalt wurde vor langer Zeit schon gebeten, mit der Ausländerbehörde in Kontakt zu treten, um einer Zustimmung zur Arbeitsaufnahme den Weg zu ebnen. Damals hat er keinen Finger gerührt. Bezahlt werden will er trotzdem. Von welchem Geld?

    Die dritte Sorgenfalte ist höherer Gewalt geschuldet. Der schon mehrfach erwähnte Umzug der leidgeprüften Mutter mit Kind von Niedersachsen nach Berlin geht uns auch an die Nieren. Was eigentlich gut eingefädelt war, entpuppte sich auch durch höhere Gewalt nun als Show der Pleiten, Pech und Pannen. Ein Treppensturz der Mutter hat eine fristgerechte Übergabe der alten Wohnung verhindert. Eine schmerzhafte Entzündung mit mehren Arztbesuchen tat ihr Übriges. Die Vermieterin der alten Bruchbude zeigte sich völlig unkooperativ und überhäuft sie mit Nachforderungen. Das abgebende Jobcenter reagiert auf Ansuchen sehr träge. Vom neuen Jobcenter hier in Berlin ist auch noch kein Geld geflossen. Wir kommen aus dem Fluchen nicht raus. Diese Woche steht nun die finale Schlüsselübergabe an, mit weiteren Eskalationen ist zu rechnen. Der einzige Lichtblick ist, dass sich das Kind gut in die neue Schule eingewöhnt hat und Lernfortschritte macht. Wenigstens unter diesem Aspekt hat sich der Umzug gelohnt. Sobald auch die Mutter nach vorne schauen kann, wollen wir sie ans Familienzentrum Balance anbinden. Es wird Zeit, dass es aufwärts geht!

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    Jobcenterallüren und ein Hindernis beim Aufenthaltstitel

    Es ist mal wieder an der Zeit, euch ein Update zu geben, was uns derzeit so umtreibt. So optimistisch, wie wir hoffentlich sonst tönen, wird es diesmal leider nicht. Umso mehr würden wir uns freuen, wenn ihr euch ein paar Minuten Zeit für das Lesen dieser Zeilen nehmt.

    Vorab wie immer aber die große Bitte: Falls ihr trotz aller Widrigkeiten den einen oder anderen Euro übrig habt, dann wären wir für die bitter benötigte Unterstützung sehr dankbar: PayPal.Me/neukoellnhilft

    Beginnen wir den Bericht doch mit ein Jobcenterallüren. Ein Geflüchteter ist dem Leistungsbezug vor ein paar Monaten entflohen. So glaubte er zumindest. Doch der Papierkrieg hört nicht auf. Zum einen, weil das Jobcenter eine Überzahlung festgestellt hat und diese zurückfordert. Die Überzahlung ist auch unbestritten. Ebenfalls klar wie Kloßbrühe ist, dass ihm für einen anderen Monat zustehende Leistungen vorenthalten wurden. Was nach einem Nullsummenspiel klingt, ist längst eine Farce. Denn während das Jobcenter zur Prüfung des Anspruchs bereits eingereichte Belege (Kontoauszüge, Lohnzettel) nochmals haben möchte und die Angelegenheit damit künstlich in die Länge zieht, hat es andererseits das Inkasso-Service der Arbeitsagentur flugs mit der Eintreibung des überzahlten Betrags beauftragt. Auf ein Ratenzahlungsansuchen, das eigentlich nur dazu diente, Zeit bis zur Klärung zu gewinnen, kam als Replik vom Inkasso ein langer Fragebogen über die wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die Aufforderung Gehaltszettel der vergangenen Monate beizubringen. Aber pronto, weil sonst die Zwangsvollstreckung eingeleitet wird. Eine Eskalation ohne Not!

    Besagtes Berliner Jobcenter ist uns mit seiner Verzögerungstaktik bereits bestens bekannt. Ein anderes Schicksal, welches ich begleite, hatte im Frühjahr eine schlimme Zuspitzung erlebt. Hier werkt schon längst ein Anwalt, der Fall wird gerichtlich geklärt werden müssen. Was ist geschehen? Eine junge Frau musste ihr WG-Zimmer Hals über Kopf verlassen, weil sie vom Hauptmieter belästigt wurde. Sie teilte dem zuständigen Jobcenter mit, dass sie deshalb auf Wohnungssuche sei. Über den Bekannten eines Freundes wurde sie auch fündig. Da alles ganz schnell gehen musste, unterschrieb sie gleich den Untermietvertrag. Das war dem neuen „bösen“ Jobcenter ein Dorn im Auge, weil das Wohnungsangebot nicht zuvor zur Genehmigung vorgelegt wurde. Was dann begann, entwickelte sich zum Albtraum für die junge Frau. Über Monate gab es keinen Cent vom aufnehmenden Jobcenter. Weder für die anfallende Miete, noch zur Lebenssicherung. Bescheiden wurde – auch mit geballter juristischer Kompetenz – widersprochen, ohne Resultat. Das ging über fünf Monate so. Der Bekannte der jungen Frau ließ sie trotz enormer Mietschulden weiter wohnen, weil auch er davon ausging, dass das Jobcenter weiter zahlen würde. Doch das Jobcenter schaltete auf stur. Und das führte letztlich dazu, dass die junge Frau einen Nervenzusammenbruch erlitt und viele Wochen in einer Berliner Klinik stationär versorgt werden musste. Da sie wegen dem Hin und Her mit dem Jobcenter nicht krankenversichert war, liefen auch hier Kosten von weit über 10000 Euro auf. Da sogar der Sozialdienst des Krankenhauses auf Granit biss, habe ich dann einen Anwalt aufgetrieben. Was sich als fast ein Jahr dauernde Horrorstory erwiesen hat, scheint nun allmählich überwunden. Dieser Tage hat die junge Frau ihre Immatrikulationsbescheinigung erhalten, BAföG ist bereits beantragt, kurzum die Zuversicht ist zurück. Apropos Zuversicht, der Anwalt ist sich sehr sicher, dass das Jobcenter vor Gericht sein blaues Wunder erleben wird.

    Ein Fall lässt mich im Moment ein wenig ratlos zurück. Ein bestens integrierter Geflüchteter, der seit bald 7 Jahren in einem Berliner Handwerksbetrieb arbeitet, dort auch seine Ausbildung gemacht hat, hat folgendes Problem: Er hatte von der Ausländerbehörde eine Ausbildungsduldung erhalten und endlich nach all der Zeit wird ihm nun ein Aufenthaltstitel in Aussicht gestellt. Das klingt toll, hat aber einen Haken. Er wohnt in einer Projekt-WG in Berlin, verfügt aber der Zuständigkeit wegen über eine Postadresse im Landkreis Havelland. Der Ausländerbehörde genügt die Adresse freilich nicht, er soll einen Mietvertrag vorlegen. Das ist jedoch bei der Postadresse nicht möglich. Eine Anmeldung in Berlin würde wiederum die Ausländerbehörde nicht akzeptieren. Wie also kommt er an eine temporäre Anmeldung samt kurzfristigem Mietvertrag irgendwo im Havelland, um damit den Anforderungen der Ausländerbehörde zu genügen? Es geht nicht darum, zu irgendeinem Zeitpunkt wirklich dort zu wohnen. Ich habe bereits herumgefragt, bislang leider ohne Erfolg. Falls jemand der Mitlesenden einen Impuls hat, bitte gerne an uns wenden!

    Zu guter Letzt haben wir mal etwas zu vergeben: Einer unserer tschadischen Freunde fährt demnächst nach Afrika und bietet seine Köpenicker Wohnung vom 28.9 bis 2.11.2022 zur Zwischenmiete an. Hier die Fakten: 1-Zimmerwohnung samt Bad und Terrasse, 46 qm, 536€ warm, Strom+ Internet inklusive. Meldet euch bei Interesse gerne bei uns. Wir stellen den Kontakt dann her.

    Das soll es für heute gewesen sein. Ich versuche, euch jetzt wieder regelmäßiger Updates von dem alltäglichen Wahnsinn, mit dem wir so konfrontiert werden, zu geben.

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    Back im Business – Mobilfunkmiseren

    Danke für all die Genesungswünsche. Bei mir geht die Quarantäne zu Ende, danke an Brigitte, dass sie hier und auf Twitter die Stellung gehalten hat. Kaum dass ich mich auskuriert habe, warten schon genug neue Probleme – kleine wie große – darauf, in Angriff genommen zu werden. Heute gebe ich Einblick in den Ärger, den Mobilfunkfirmen so verursachen.

    Doch vorab bitte ich euch einmal mehr um Support. Jeder Euro zählt, um Geflüchteten unter die Arme greifen zu können: https://paypal.me/neukoellnhilft. Etwa mit 9-Euro-Tickets, beim Begleichen von Raten oder schlicht als Beitrag zum Lebensunterhalt. Vielen Dank für eure bisherige Unterstützung!

    Ein paar erklärende Worte vorweg: Viele der Sorgen, die dieser Tage an mich herangetragen werden, scheinen auf den ersten Blick harmlos, wenn man sie in Relation zu den dramatischen Notlagen der Vergangenheit setzt. Die Angst vor einer quasi täglich drohenden Abschiebung ist nicht mit jener vor (nicht selten ungerechtfertigten) Mahnungen oder Inkassoschreiben zu vergleichen. Frustration und Desillusionierung verursachen letztere trotzdem. Und zwar in nicht zu unterschätzendem Maße.

    otelo ist böse

    Fassen wir die Lage doch mal kopfschüttelnd zusammen. Ein Geflüchteter hatte sich Ende Februar 2022 in einem Shop in der Karl-Marx-Straße einen SIM-Vertrag aufschwatzen lassen. Da zwischen den Versprechungen des Händlers und dem Kleingedruckten des Vertrags dann doch Welten klafften, habe ich dem Geflüchteten eine Reklamation samt Widerruf formuliert. Dieser wurde an otelo, einer Tochterfirma von Vodafone, geschickt und ging am 22.03.2022 auch bei otelo ein. Anfang April kam vom otelo-Kundenservice die Rückmeldung, dass für ein Storno einzig der Händler zuständig sei. Das Schreiben interpretierte der Geflüchtete freilich falsch, zahlte die monatliche Grundgebühr nicht weiter und wandte sich erst wieder im Juni an mich, als inzwischen auch ein Inkassoschreiben von über 540 Euro eingetrudelt war. Da eine erneute Reklamation vorerst unbeantwortet blieb, ging ich mit dem Geflüchteten zum Verbraucherschutz, wo ein nochmaliges Schreiben wegen einer unberechtigten Forderung aufgesetzt wurde. otelo zeigte sich auch davon unbeeindruckt und schreibt: „Wir beharren daher auf unsere Forderung und werden weitere Reklamation Ihrerseits final ablehnen.“.

    Der Geflüchtete ist also für einen Monat Internetnutzung jetzt 540 Euro in den Miesen. Rechtlich ist da vermutlich ohne großen Aufwand wenig zu machen. Kulanzlösungen, wie ich sie in der Vergangenheit etwa bei o2 erlebt habe, sind allem Anschein nach nicht drin. Die Lehre daraus: otelo ist absolut nicht empfehlenswert. Die Kommunikation mit dem Kundenservice ist vertane Zeit. otelo nimmt die Beschwerde bezüglich irreführender Aussagen eines otelo-Produkte vertreibenden Mobilfunkshops nicht ernst. Kurzum, otelo ist böse.

    Die Geschäftsgeheimnisse von Consors Finanz

    Jeder Mensch hat so seine Wünsche. Ein uns nahestehender Geflüchteter wollte sich dieser Tage über die Webseite eines Smartphone-Giganten ein brandneues Telefon gönnen und dieses in Monatsraten bezahlen. Er kann es sich leisten. Er hat mehrjährigen Aufenthalt, einen nicht so schlecht bezahlten Job und eine tadellose SCHUFA. Nun wickelt der Finanzdienstleister Consors Finanz die Ratenzahlungen für die Firma ab. Unser Freund klickte sich durch den Kaufprozess, nur um danach sofort eine Ablehnungsmail von Consors Finanz zu erhalten. Ein wenig irritiert zeigte er mir die Mail, ich half ihm bei der Formulierung einer Mail, in der nach den Gründen für die Ablehnung gefragt wurde. Zwei Wochen später erhielt er eine aus meiner Sicht doch eher freche Antwort. Die für die Ablehnung erheblichen Information unterlägen dem Geschäftsgeheimnis. Sein Auskunftswunsch erstrecke sich nicht auf Informationen, die dem Geschäftsgeheimnis unterlägen. Die Entscheidung des Hauses hätte dabei keine Aussagekraft über die Bonität des Geflüchteten oder zukünftige Entscheidungen anderer Kreditinstitute.

    Wir meinen, dass es dringend besserer Gesetze bedarf, die solch Firmen wie Consors Finanz zu mehr Transprarenz und Rechenschaft zwingen. Wir würden fast darauf wetten, dass es bei einem Herrn Meier oder einer Frau Schulz bei ähnlichem Einkommen und ähnlicher SCHUFA mit der Ratenzahlung geklappt hätte. Der Geflüchtete, der sich mit großem Fleiß hier etwas aufbauen will, war jedenfalls ziemlich desillusioniert.

    Ins Stottern kommendes Abstottern

    Machen wir uns nichts vor. Angesichts der Inflation wird auch denen mulmig, die sich nicht als von Armut direkt betroffen verstehen. Alles wird teurer, während Sozialleistungen und Löhne nicht im gleichen Maße steigen. Wer vor sechs Monaten schon wenig hatte, hat nun noch viel weniger. Punkt. Natürlich sind auch Rückzahlungsvereinbarungen davon betroffen. Wer schon vor der Krise Schulden, ob nun selbstverschuldet oder doof hineingeschlittert, nur in Raten abstottern konnte, rauft sich mittlerweile noch mehr die Haare, wie man das Geld für Ratenzahlungen auftreiben soll. Das interessiert natürlich Inkassofirmen und RechtsanwältInnen einen Dreck. Statt der Krise Rechnung zu tragen und Zahlungsmoral zu würdigen, wird bei jeder verspäteten Zahlung gleich die große Keule ausgepackt. Beispielsweise von einer Rechtsanwaltskanzlei, die Forderungen von mobilcom-debitel eintreibt.

    Der Geflüchtete, der dieses Schreiben erhalten hat, hatte 2021 nach langem Warten endlich eine Arbeitserlaubnis bekommen und Anfang 2022 Arbeit in der Lebensmittelproduktion gefunden. Damit einher ging auch der Wunsch, vergangene Fehler – wie es der Mobilfunkvertrag war – endlich zu begleichen und die offenen Forderungen zu begleichen. Das ging solang gut, bis ihm eine extrem dubiose Forderung der Kreiskasse des zuständigen Brandenburgischen Landkreises zum Verhängnis wurde. Da wurde schwupps eine Pfändung auf sein Konto durchgesetzt, dadurch kam er mit der Rückzahlung der Forderung von mobilcom-debitel in Verzug. Zu allem Überdruss noch teilte ihm sein Arbeitgeber Anfang Juli mit, dass sein befristeter Vertrag nicht verlängert würde. Mit Anfang August hat er nun eine neue Arbeit gefunden, doch bis er wieder einigermaßen liquide ist, wird es natürlich dauern. Währenddessen steigen die Forderungen von mobilcom-debitel weiter an, während die Hoffnung auf eine geregelte Existenz kräftig schwindet.