Back im Business (Noch oller! Noch doller”)
Es gibt viele Dinge, über die sich dieser Tage stöhnen lässt. Die Hitze, die Inflation und – stets passend – die FDP. Uns kommen derzeit auch vermehrt Seufzer über die Lippen. Zum Beispiel wegen der drei Geschichten, die wir euch heute näherbringen wollen.
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Gesprächsbedarf im Flüchtlingsheim
Ein Geflüchteter mit Schwerbehinderung wird derzeit in seiner Unterkunft des Lebens nicht mehr froh. Vor geraumer Zeit schon wurde in sein Zimmer eingebrochen, der Türrahmen schwer beschädigt und auch die Verschließbarkeit war laut dem Geflüchteten nicht mehr gegeben. Seit einigen Wochen häufen sich nun die Vorfälle. Mittlerweile sind schon 3 Einbrüche gezählt, dazu wurden ihm im Heim bei anderer Gelegenheit seine Schlüssel aus der Tasche gemopst. Zumindest eine polizeiliche Anzeige hat es gegeben. Die Tür ist aber immer noch nicht repariert. Anfang Juli habe ich mich mal an die Heimleitung gewendet und eine freundliche, doch zugleich überraschende Rückmeldung bekommen. Man sehe großen Gesprächsbedarf. Man schließe nicht aus, dass zumindest der dritte Einbruch selbst verschuldet sei und könne auch die Anschuldigungen des Geflüchteten gegenüber seines Zimmernachbarn, mit welchem lange gutes Einvernehmen bestanden hatte, nicht nachvollziehen.
Nun habe ich großen Respekt vor Heimleitungen von Geflüchtetenunterkünften. Die unterschiedlichen Bedürfnisse und Lebensumstände von Menschen im Blick zu haben und für ein gutes Miteinander zu sorgen, ist wirklich nicht leicht. Und natürlich will ich keinesfalls besserwisserisch auftreten und der Heimleitung erklären, wie sie ihren Job zu erledigen hat. Zugleich möchte ich – sofern möglich – einen Beitrag leisten, dass sich die Lebensbedingungen des Geflüchteten ein bisschen verbessern. Zudem kommt mir die Argumentation doch ein wenig seltsam vor. Gerade einem Sehbehinderten traue ich nicht zu, einen Einbruch fingiert zu haben, in dem er selbst von innen die Schrauben des Türschlosses entfernt hat. Wenn ich dem Geflüchteten in der Vergangenheit dabei zugesehen habe, wie er mit einer Lupe seine Nachrichten am Smartphone zu entziffern versucht, brauche ich kein Sherlock zu sein, um dem Verdacht der Heimleitung wenig Glauben zu schenken. Ich werde mich dieser Tage also mal nach Brandenburg begeben und in einem persönlichen Gespräch um eine Lösung bitten.
Kostspieliger Flirt
Lasst uns mal über Einsamkeit reden. Wer keinen Partner oder keine Partnerin hat, von den Mühlen langer und oft aussichtsloser Asylverfahren zu relativer Untätigkeit verdammt ist, gerade in der Provinz oft ohne jeden Support ist, fühlt sich zwangsläufig einsam. Diese Einsamkeit zu überwinden, ist nicht eben einfach. Der Familie in der Heimat kann man die Nöte, die Mühlen der Bürokratie und die damit verbunden tristen Aussichten, nicht leicht vermitteln. Landsleuten hier in Deutschland mag man vielleicht aus Gründen der Gesichtswahrung auch nicht immer sein Herz ausschütten. Da liegt es doch nahe, ein wenig Ablenkung zu suchen. Zum Beispiel auf Flirtportalen.
Ein geflüchteter Freund ist vor einigen Tagen auf mich zugekommen und hat mir entsetzt Folgendes berichtet. Er habe per Mail ein Schreiben einer Inkassofirma erhalten. Er könne sich all das nicht erklären. Ich schaute mir die Mail an. Allem Anschein nach hat er auf einem dubiosen Flirtportal eine Mitgliedschaft über 24 Monate abgeschlossen und sollte nun fast 500 Euro dafür zahlen. Als ich ihm all das erklärte, dämmerte ihm, dass er tatsächlich im April mal von Frühlingsgefühlen überwältigt auf einer Flirtseite registriert hatte. Von einem Abo wusste er aber nichts. Während ich schon vor dem geistigen Auge an einer Antwort tippte, um die Forderung abzuwehren, fiel mir plötzlich auf, dass der Name auf der Forderung ja nicht der echte Name des Geflüchteten war. Ja, antwortete er mir mit entwaffnender Logik, er habe einen Spitznamen (er meinte Benutzernamen) verwendet, dass mache man doch im Internet überall so. Nun freilich stellt sich mir die Frage, ob man diese ohnehin windige Forderung nicht getrost ignorieren kann. Der Geflüchtete hatte zwar seine richtige Adresse angegeben, diese ist aber in einer Gemeinschaftsunterkunft. Wie wahrscheinlich ist es, dass dieses Inkassounternehmen tatsächlich ihn als die Person ausmacht, die dieses kostspielige Flirtabo vermeintlich abgeschlossen hat? Habt ihr da Erfahrungswerte?
Der ewige Jammer um die Kaution
Es gibt wenig Gewissheiten auf der Welt. Eine davon ist, dass es beim Auszug aus einer Mietwohnung in aller Regel zu Ärger mit der Kaution kommt. Vermieter und Vermieterinnen finden ein Haar in der Suppe, wenn sie es finden wollen. Natürlich bleiben Geflüchtete von solch Ärger nicht verschont. Was sich eine kommunale Wohnbaugesellschaft in Brandenburg beim Auszug einer alleinerziehenden Geflüchteten erlaubt hat, ist schon einigermaßen dreist. Eine bei Einzug der Frau laut Übergabeprotokoll explizit nicht renovierte Wohnung wurde nach deren Auszug auf ihre Kosten aufgemotzt. Der Boden wurde versiegelt, die Wohnung neu gestrichen. In Bad und Küche wurde einiges neu gemacht, zum Beispiel die Spüle demontiert und entsorgt. So wurde nicht nur die gesamte Kaution einbehalten, es stehen noch zusätzliche Forderungen über fast 400 Euro im Raum. In nicht einmal drei Jahren soll die Wohnung ordentlich in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Schauen wir uns doch mal an, was da so entrümpelt wurde: „WZ-Tür (Duft) entf. / Küchenspüle / WC-Sitz / Toilettenpapier-Deckel / Aufkleber BZ / Badlampe“.
Womöglich ist es ja nur meine Wahrnehmung, aber ich finde, dass hier die vermietende Wohnbaugesellschaft, die Alleinerziehende als willkommenes Opfer gefunden hat, um die Wohnung ein wenig schick zu machen. Eine Wohnung übrigens, die beim Einzug der Geflüchteten alles andere als picobello war. Ich finde so ein Vorgehen einer kommunalen Wohnbaugesellschaft einigermaßen frech. Es steht außer Frage, dass sich die Geflüchtete da mit anwaltlicher Hilfe wehren muss und ich sie dabei unterstützen möchte. Ich habe in Berlin schon mehrere MietrechtsexpertInnen angefragt, aber alle sind derzeit überlastet oder im Urlaub. Falls ihr noch diesbezügliche Tipps habt, immer her damit!