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    In der Region Cottbus begegnet man dem Fachkräftemangel kreativ…

    Ich hatte bereits über einen Geflüchteten berichtet, der von einer Solaranlagenfirma in Brandenburg seit Herbst 2022 einen unbefristeten Arbeitsvertrag vorliegen hat. Das Angebot steht noch immer, aufgrund der Vorkenntnisse im Bezug auf Elektroinstallationen ist der Geflüchtete ein gefragter Mann. Er könnte jederzeit die Arbeit aufnehmen, im Moment hindert ihn eine keine Mätzchen auslassende Ausländerbehörde. Das Arbeitsverbot liegt schwer auf dem Gemüt.

    Immer neue Gründe werden von der Behörde für die Weigerung ins Feld geführt. Kaum dass die eine Nebelkerze vom Anwalt des Geflüchteten als eben solche entlarvt wird, zündet die Behörde schon die nächste. Das ist ärgerlich und zieht sich schon über das gesamte Jahr 2023 hin.

    Seit dieser Woche hat die Farce eine neue Wende genommen. Eine an das Heim angedockte Sozialberatung hat dem Geflüchteten einen 1-Euro-Job angeboten, wenn er, der einen Führerschein hat, mit einem Transporter Fahrten unternimmt. Also etwa der örtlichen Tafel Essen liefert. Man würde das mit den zuständigen Behörden schon abklären. Noch liegt laut dem Geflüchteten nichts Schriftliches vor, kein Arbeitsvertrag, nichts! Fahrten hat er aber schon absolviert. Der bisherige Fahrer sei nämlich kurzfristig krank geworden.

    Es kann nicht sein, dass die Vollzeitstelle bei der Solarfirma unbesetzt bleibt. Dem Geflüchteten die Arbeitserlaubnis seitens der Ausländerbehörde aus fadenscheinigen Gründen verweigert wird. Er würde bei Arbeitsaufnahme sofort aus dem Leistungsbezug fallen. Wäre das nicht toll?

    Stattdessen wird er holterdipolter in einen 1-Euro-Job gesteckt! Noch bevor er irgendeinen Vertrag oder die Zustimmung der Ausländerbehörde in Händen hält. Er lenkt ein Fahrzeug, ohne dass da etwas in puncto Versicherung geklärt wäre. Macht euch das auch fassungslos?

    Falls ihr zufällig gerade auf die Montage eurer Solaranlage ewig wartet, denkt bitte daran, dass die Fachkraft, die dies könnte, stattdessen womöglich in just in dem Moment im Raum Cottbus in einem Transporter sitzt und Essen zur Tafel fährt…

    Danke für eure Aufmerksamkeit!

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    Arbeitspflicht für Geflüchtete (Ein Rant)

    Ich bekomme gerade so einen Hals, wenn ich vom Vorschlag einer Arbeitspflicht für Geflüchtete höre. Ich schildere euch mal einen Fall und lasse euch dann gern beurteilen, ob es nicht wichtiger wäre, auf ein Recht auf Arbeit zu pochen.

    Ein Geflüchteter aus einem afrikanischen Land ist seit bald 10 Jahren hier in Deutschland. Er hat Deutschkurse besucht, war ehrenamtlich als Übersetzer tätig. Hat eine Einstiegsqualifizierung zum Anlagenmechaniker absolviert, stand bei den Firmen, bei denen er arbeitete, hoch im Kurs.

    Was als Erfolgsgeschichte begann, wurde vor mehreren Jahren durch ein Arbeitsverbot der zuständigen Ausländerbehörde jäh gestoppt. Seitdem geht es dem Mann psychisch immer schlechter. Sämtliche Versuche, dieses Arbeitsverbot aufheben zu lassen, scheiterten an einer sturen Ausländerbehörde.

    Auch ein eingeschaltener Anwalt konnte nichts erwirken, trotz der Absichtserklärung einer Firma aus der Solarbranche ihn sofort einstellen zu wollen. Das war vor einem Jahr. Der Anwalt änderte seine Strategie. Die Duldung sollte zugunsten eines Chancenaufenthalts nach § 104c weichen. Doch weigerte sich die Ausländerbehörde, diesem Antrag stattzugeben. Es sei ein Sperrvermerk wegen laufender staatsanwaltlicher Ermittlungen in der Akte. Also musste der Anwalt dort erst mal mühsam nachforschen. Von dort kam schließlich die Mitteilung, dass das Verfahren wegen vermeintlich illegaler Einreise bereits vor einem Jahr eingestellt worden war. Eine Mitteilung an die Ausländerbehörde unterblieb.

    Nun sollte doch wohl endlich alles klappen, oder? Nein, die Ausländerbehörde bearbeitet den Chancenaufenthalt jetzt wohl, doch bis zur Gewährung hat der Geflüchtete weiter eine Duldung. Und so gehen die Mätzchen weiter. Eine Arbeitsaufnahme mit Duldung würde jedoch nur dann erlaubt werden, wenn der Geflüchtete Bemühungen bezüglich Passbeschaffung nachweisen würde. Die hatte er jedoch in der Vergangenheit bereits nachgewiesen.

    Fun fact: Den Job bei der Solarfirma könnte der Geflüchteten weiterhin sofort antreten, weil er bereits über Qualifikationen verfügt und solche Bewerber in Brandenburg händeringend gesucht werden.

    Fazit: Dieser Fall mag in seiner Absurdität zwar hervorstechen, doch muss ich oft um eine Arbeitserlaubnis für Geflüchtete in Brandenburg kämpfen. Solang Ausländerbehörden solch Zirkus hinsichtlich einer Arbeitserlaubnis veranstalten, soll mir niemand mit einer Arbeitspflicht kommen.

    Danke für die Aufmerksamkeit!

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    Aus unserer Beratungspraxis (III)

    Heute mal wieder Haarsträubendes aus unserer Beratung und Begleitung…

    Die Nachwirkungen von Zeitarbeit

    Ein geflüchteter Mann mit Duldung, in seiner Heimat früher als Lehrer tätig, erhielt im Sommer 2022 von einem Bekannten den Tipp, doch bei einer Zeitarbeitsfirma in Brandenburg anzuklopfen, um die zuständige Ausländerbehörde eines brandenburgischen Landkreises dazu zu bringen, ihm aufgrund eines konkreten Jobangebots eine Arbeitserlaubnis zu geben. Er ging hin, die Zeitarbeitsfirma versprach, sich mit der Behörde in Verbindung zu setzen. Wenig später kam schon der Anruf der Firma, alles sei in trockenen Tüchern, er dürfe anfangen. So arbeitete er circa 1 Monat bei der Zeitarbeitsfirma, ehe es dann bei einem regulären Termin bei der Ausländerbehörde richtig ungemütlich wurde. Denn da wusste man nichts von einer angeblichen Arbeitsgenehmigung und verpasste ihm bei der Verlängerung der Duldung gleich ein striktes Arbeitsverbot. Als ich damit befasst wurde, wollte ich bei der Zeitarbeitsfirma ordentlich Krawall machen. Der Geflüchtete hatte jedoch Sorge, dann den noch ausstehenden Lohn nicht zu erhalten. Also hielt ich still.

    Nun ein Jahr später ist die Sache noch immer nicht ausgestanden. Im Frühsommer 2023 kam nämlich ein Brief seiner Krankenversicherung, wonach er über 8 Monate nicht versichert gewesen sei. Wir füllten also den Fragebogen aus und gaben an, dass er in der fraglichen Zeit Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten hätte und somit die Versicherung bestand. Aus meiner Sicht war die Sache damit eigentlich erledigt. Meine Vermutung war schon damals, dass nach der einmonatigen Arbeitsaufnahme die vom Sozialamt des Landkreises abgeführten Krankenversicherungsbeiträge bei der betreffenden Krankenkasse falsch zugeordnet wurden. Ende August gab es nun eine Mahnung über mehr als 1700 Euro, die er im Zuge der nachträglichen Selbstversicherung zahlen sollte. Ich ließ mir eine Vollmacht für die Kontaktaufnahme mit der AOK ausstellen und schrieb dorthin. Die Antwort kam spät und war eher dürftig, das Problem sei mit dem Landkreis zu klären. Zugleich erreichte den komplett entgeisterten Geflüchteten ein Brief mit der Ankündigung, nun Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Also kontaktiere ich nun den Landkreis, um das Tohuwabohu aufzuklären. Es ist ärgerlich. Besonders ärgerlich neben all der investierten Zeit und den angeschlagenen Nerven des Geflüchteten ist der Umstand, dass eine windige Zeitarbeitsfirma einmal mehr ungeschoren davonkommt, wenn sie Geflüchtete ins offene Messer laufen lässt. Beim Geflüchteten, in seiner Heimat wohlgemerkt Mathelehrer, geht es dennoch aufwärts. Er hat mittlerweile endlich einen Chancenaufenthalt nach §104c erhalten und arbeitet seit ein paar Monaten in einer Autowäscherei.

    Die Crux mit der Steuererklärung

    Einer der heikelsten Punkte in der Beratung in Arbeit befindlicher Geflüchteter ist das Thema Steuererklärung. Da darf man ja nicht einfach so dabei helfen – und das ist auch gut so. Es gibt einen triftigen Grund, weshalb es dafür einen eigenen Berufsstand gibt. Nun bestehen aber Hemmschwellen, eine Steuerberatungskanzlei aufzusuchen, weshalb pfiffige Geflüchtete gern auf diverse Steuererklärungsapps zurückgreifen. Ich erkläre höchstens den Ablauf, wie man sich bei Elster registriert und an ein Zertifikat kommt, damit man die Steuererklärung in Angriff nehmen kann. Und doch entkomme ich dem Thema Steuererklärung nicht. Ein mir nahestehender Geflüchteter hatte auch die Steuer via App gemacht. All das war dann mehrere Wochen im Status Bearbeitung, ehe er aufgefordert wurde, noch Ergänzungen zu machen. Er tat dies. 24 Stunden später erhielt er dann das Angebot, dass er vermutlich um die 250 Euro für 2022 zurückerhalten würden, als Spesen für den Steuerberater sollten knapp 70 Euro fällig sein. Als er mir davon erzählte, fragte ich nach, ob er eigentlich auch den mit den Öffis zurückgelegten Weg zur Arbeitsstätte und die damit verbundenen Kosten angegeben hatte. Ja, so antwortete er, er wurde danach gefragt, aber nur für die Arbeit, die er 2022 zwei Monate hatte, nicht für seinen Job, den er das übrige Jahr 2022 hatte. Das habe ihn auch ein wenig gewundert. Mich wiederum wunderte die eher niedrige Rückerstattung freilich nicht mehr. Ich riet ihm also, seine Steuererklärung keinesfalls so einzureichen. Eine Steuererklärung mittels App ist halt auch nicht die Lösung.

    Aber selbst der Weg hin zu all den für eine Steuererklärung benötigten Unterlagen ist kein einfacher. Ein geschiedener Geflüchteter wollte für seine Kinder die Steuer-IDs erfahren. Also half ich ihm bei der Kommunikation mit dem Bundesamt für Steuern. Was soll ich sagen? Es ist kompliziert. Die an die Meldeadresse von Mutter und Kindern gesendeten Steuer-IDs kamen angeblich nicht an. Der Versand an seine Meldeadresse war trotz einigem Hin und Her nicht realisierbar. Wenn ich daraus was gelernt habe, dann dass ich im Bundesamt für Steuern eine Art Endgegner gefunden habe. Ein guter Rat zuletzt: Macht bitte übrigens nie den Fehler, in der Öffentlichkeit im Gespräch mit Geflüchteten das Wort Steuererklärung in den Mund zu nehmen. Wildfremde Menschen, die dies aufschnappen, werden euch sofort interessiert und höflich fragen, ob ihr denn bei der Steuererklärung helfen würdet. Sagt den Leuten dann mit der gebotenen Vehemenz, dass euch als dahergelaufene Herzchirurginnen oder Atomphysiker diese Thematik leider auch überfordert!

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    Abschiebung und Polizeigewalt

    Es begann Dienstag abends mit einem Hilferuf zu vorgerückter Stunde. Eine junge Frau aus dem Tschad und ihr 4-jähriges Kind sollten in der Nacht von Montag auf Dienstag aus einer Unterkunft in Peitz im Landkreis Cottbus abgeschoben werden. Die Abschiebung sei aus dem Ruder gelaufen, die Frau von der Polizei misshandelt und mit Verletzungen im Krankenhaus in Cottbus stationär aufgenommen worden. Das Kind würde vermutlich nun vom Jugendamt betreut. Da mir die Quelle dieser Nachricht vertrauenswürdig erschien, hatte ich sogleich den Flüchtlingsrat Brandenburg kontaktiert und ein paar meist wohlinformierte Menschen angeschrieben. Außerdem habe ich auch tschadische Freunde gebeten, in der Community die Ohren zu spitzen.

    Im Laufe des heutigen Mittwochs hatte ich endlich auch einen Namen und eine Telefonnummer. Damit ließ sich arbeiten. Doch leider war die Tschaderin telefonisch nicht erreichbar. Am Nachmittag meldete sich der Flüchtlingsrat Brandenburg zurück und versprach, über offizielle Kanäle eine Anfrage an die zuständigen Behörden zu stellen. Dazu kontaktierte mich noch eine im Landkreis in der Flüchtlingsberatung tätige Frau, um deren Engagement ich bereits aus früheren Kontakten wusste. Sie konnte mir den für Peitz zuständigen Migrationssozialarbeiter nennen und bot sich zudem an, Donnerstag als Übersetzerin ins Krankenhaus zu fahren. Im Lauf des Nachmittags bekam ich allmählich ein klareres Bild der Lage. Das Ziel des Abschiebeversuchs dürfte vermutlich Frankreich gewesen sein. Die Frau war vermutlich noch mit einer Aufenthaltsgestattung ausgestattet, was den Zeitpunkt der Abschiebung eher überraschend macht. Die Tschaderin hatte sich gegen die Mitnahme durch die Polizei gewehrt und daraufhin Verletzungen erlitten. Aus einer Quelle erfuhr ich, dass ein zeitnaher neuerlicher Abschiebeversuch drohen könnte.

    Nur damit wir uns nichts vormachen: In Cottbus darf die Tschaderin nicht auf Milde hoffen. Das Krankenhaus scheint bei Abschiebungen in der Vergangenheit ausgesprochen kooperativ gewesen zu sein. Die Ausländerbehörde genießt einen ganz schlechten Ruf. Und das Verwaltungsgericht Cottbus ist – höflichst formuliert – problematisch. Cottbus ist ein Hort des Grauens für Geflüchtete.

    Abschiebungen sind nie lustig. Vor allem aber scheinen sie eine ziemlich rechtsfreie Situation. Weil Übergriffe nicht geahndet werden, da die Personen, die sie betreffen, in meist weiter Ferne nicht gegen die Übergriffe vorgehen können. Wir haben uns fest vorgenommen, hier weiter am Ball zu bleiben und hoffen, morgen endlich mit der Tschaderin persönlich sprechen zu können. Wir bedanken uns für die zahlreichen, nützlichen Rückmeldungen!

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    Die Faxen dicke

    Wir haben die Faxen dicke und wittern Verschwörungen. Hier lest ihr warum…

    Doch vorab einmal mehr die Bitte unseren Kampf zu unterstützen. Details dazu hier: https://www.paypal.com/pools/c/8R5xxoXdjC

    Zu viele Köche

    Einen Geflüchteten mit 100% Schwerbehinderung haben wir im vergangenen Jahr nach Kräften unterstützt. So konnte ich etwa Geld für teure Medikamente, die in der Nachsorge nach einer Augen-OP nötig und nicht vom Sozialamt (trotz Antrags) übernommen wurden, auftreiben. Auch sonst stand ich ihm im Kleinkampf mit Behörden bei, auch weil er betonte, dass die Sozialarbeiter in seinem Heim ihn nicht im nötigen Maße unterstützen. Ich hatte ihn auch zu Terminen zum Brandenburgischen Flüchtlingsrat begleitet. Kurzum, es schien viel zum Guten zu wenden. Dieser Tage nun wollte ich einen Antrag auf Chancenduldung bei der für ihn zuständigen Ausländerbehörde des Landkreises Potsdam-Mittelmark stellen. Doch vorher hielt er mir noch einen Wisch unter die Nase, der mir die Sprache verschlug. Sein Antrag auf Umverlegung nach Potsdam wurde genehmigt. Ein Antrag, den wohlgemerkt Sozialarbeiter vor Ort, gestellt hatten, weil er in dem Heim so unglücklich ist. Der Geflüchtete versprach sich einen raschen Ausweg aus der Misere. Was für ein Mist! Wer schon mal solche Umverteilungen durchgemacht hat, weiß ziemlich genau, dass nichts schnell geht und alle Leistung neu beantragt und geprüft werden müssen. Das Sprichwort, wonach zu viele Köche den Brei verderben, trifft hier zu gut. Und mich beschleicht der Verdacht, dass man ihn so schön aus dem Landkreis hinauskomplimentiert hat…

    Sticht ins Auge

    Auch im nächsten Fall aus Märkisch-Oderland geht es um einen diesmal sehr jungen Geflüchteten mit einer Augenerkrankung, die schon mehrere OPs notwendig machte. Dass er zudem an Morbus Crohn leidet, macht seine Situation nicht leichter. Vom Landkreis kommt wenig und auch das Land Brandenburg baut Mist. Im Dezember nun kam ein Ablehnungsbescheid bezüglich Neufeststellung seiner Ansprüche nach Schwerbehindertenrecht. Er habe keine Einwilligungserklärung trotz mehrfacher Aufforderung gegeben, weshalb eine aktuelle Feststellung des Gesundheitszustands nicht möglich sei, so das Landesamt für Soziales und Versorgung in Cottbus. Das ist natürlich nicht richtig, ich habe mit ihm das diesbezügliche Formular schon im Sommer ausgefüllt und dazu im Herbst noch mal ein Schreiben zwecks Nachfrage verfasst. All das will die Behörde nicht erhalten haben? Ein schlechter Scherz, den wir so jetzt nicht auf uns sitzen lassen. Die Frist für den Widerspruch ist zwar leider schon verstrichen, ein Neuantrag wird aber jetzt gestellt und eine Beschwerde hinsichtlich Bearbeitung des alten Antrags natürlich gestellt. Das Maß, in dem Bürokraten hier Hilfe verweigern, sticht nämlich wirklich ins Auge.

    Bürokratensperenzchen

    Apropos Bürokratie! Wir sind nun bei unserer Rundreise durch den Speckgürtel Berlins bis nach Brandenburg an der Havel gekommen. Dort wird ein Geflüchteter, der im Rahmen der Vorgriffsregelung den Antrag auf Chancenaufenthalt bereits im Herbst 2022 gestellt hat, mit allerlei bürokratischen Schikanen konfrontiert. Was er alles an Unterlagen beibringen und nachreichen soll, hat selbst mich überrascht. Es bleibt der Eindruck, dass es sich um eine Verzögerungstaktik der dortigen Ausländerbehörde handelt. So muss er unter anderem die Nebenkostenabrechnung nachreichen. Er wohnt in einem Heim, ist aufgrund von Erwerbstätigkeit nicht auf Sozialleistungen angewiesen. Er bräuchte den Aufenthaltstitel noch dazu dringend, um in einem Sorgerechtsprozess bessere Karten zu haben. Es geht also um viel für ihn und die Ausländerbehörde will alles unnötig in die Länge ziehen. Wir haben jetzt die Unterlagen zusammengesucht und die Behörde gefragt, ob ihr noch etwas einfällt, was zur Verlängerung des nach Beibringung der Unterlagen ohnehin noch 8 Wochen dauernden Genehmigungsverfahrens beiträgt. All die bürokratischen Sperenzchen müssen eine Ende haben!

    Alles verloren

    Ein sehr rüstiger Rentner, der viel in der Geflüchtetenhilfe macht, hatte mich vor knapp 3 Wochen aufgeregt und ratsuchend angerufen. Ein ihm flüchtig bekannter Geflüchteter stand an einem kalten Januarmorgen leicht bekleidet und ziemlich wegtreten vor seiner Tür. Er sei völlig erschöpft und schlafe jetzt auf dem Sofa, so der Bericht. Ich machte mich am späteren Nachmittag auf den Weg in den Norden Berlins. Und tatsächlich war der Zustand an Erschöpfung frappant. Kaum aufgeweckt, sagte er ein paar undeutliche Dinge und schlief gleich wieder ein. Selbst ein zur Übersetzung gerufener Geflüchteter, der zugleich als Pflegehelfer arbeitet, konnte aus ihm nichts rausbekommen. Immerhin hatte er kein Fieber, auch der Puls war normal. Wir beratschlagten, ob man ihn in ein Krankenhaus bringen oder einfach weiter ausschlafen lassen sollte. Der Rentner erklärte sich bereit, ihn bei sich erholen zu lassen. Nach gut 24 Stunden wurde der Geflüchtete allmählich gesprächiger. Er habe, wohl nicht zum ersten Male, ein kompletten mentalen Zusammenbruch gehabt. Er sei an 2 Tagen hintereinander in der Rettungsstelle eines Krankenhauses gewesen und anscheinend beide Male vom Untersuchungstisch gesprungen und getürmt. Sämtliche Habseligkeiten, also Brieftasche und die darin befindlichen Ausweise, Smartphone und sein Rucksack waren verschwunden. Eine Verlustanzeige wurde gestellt, die Fundbüros Berlin angeschrieben. Es war viel und leider auch erfolglose Arbeit. Zumal sich immer mehr herauskristallisierte, dass er wohl mehrere Tage, vielleicht sogar eine Woche, ziellos durch Berlin irrte. Was all das ausgelöst hat, ist bis heute unklar. Fest steht, dass er bei Rückkehr in sein Wohnheim bereits die fristlose Kündigung der Zeitarbeitsfirma vorfand, weil er unentschuldigt nicht zur Arbeit erschienen war. Im Moment hängt er einigermaßen in der Luft. Von dem Geld, was ihm die Firma noch schuldet, wird er wohl nicht viel sehen, weil ein guter Teil davon als Vertragsstrafe einbehalten wird. Immerhin hat er mittlerweile eine Bankkarte, eine neue Krankenversicherungskarte und auch einen neuen Aufenthaltstitel bekommen. Aber neben diesen zu ersetzenden Dingen und der finanziellen Misere stellt sich halt auch die Frage, ob er bei all dem nicht auch sich selbst und all die mühsam aufgebaute Stabilität verloren hat. Jetzt, wo sich das unmittelbare Chaos legt, werde ich vor allem versuchen, ihn zu einer psychosozialen Beratung zu bewegen.

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    Immer locker bleiben, Sisyphos!

    Immer locker bleiben, muntern wir uns auf. Aber momentan ist nichts einfach und alles kompliziert. Doch lest selbst, warum wir uns wie Sisyphos fühlen.

    Vorab eine große Bitte: Unsere Spendenkasse (PayPal.Me/neukoellnhilft) ist leer. Zögert also nicht, wenn ihr helfen wollt und könnt, denn… Weihnachten naht!

    Tausend Sorgen und kein Cent

    Die letzten Monate habe ich so einiges an Hirnschmalz investiert, um den Schuldenberg eines Geflüchteten zu überblicken. So einige der bösen Briefe sind auf das Fahren ohne Ticket zurückzuführen, doch da sich der Geflüchtete auch verbal mit der Polizei angelegt hat, weil er sich rassistisch behandelt fühlte, waren auch die einige Brief von Staatsanwaltschaft und Gericht dabei. Die Tagessätze, zu denen er verurteilt wurde, lassen wenig Hoffnung zu. Dazu gesellt sich noch die eine oder andere schikanöse Forderung des Landkreises. Das Arbeitsverbot, mit dem er zudem von der Ausländerbehörde belegt wurde, zwingt ihn zur Untätigkeit. Und die Sorgen ertränkt er in Alkohol. Es ist schade, denn er ist ein kluger und zugleich charismatischer Kerl. Nun war der Plan, dass ich Ratenzahlungen aushandle und er durch eine illegale Beschäftigung Geld verdient, um mindestens 150 Euro im Monat abzustottern. So weit die Theorie. Dieser Tage nun rief er mich an und teilte mir mit, dass es mit der Arbeit nichts wird und er somit die ausgehandelten Ratenzahlungen nicht leisten könne. Dass es für ihn scheinbar keine Lösung gibt, ist extrem betrüblich. Ja, mit seiner impulsiven und aufmüpfigen Art steht er sich selbst im Wege. Aber nein, sein Leben müsste so bescheiden nicht sein. Ich bin ratlos.

    Hausverbot in der VHS

    Das ist mir so auch noch nicht untergekommen. Dass mir ein Brief vor die Nase gehalten wird, in welchem ein brandenburgische VHS gegenüber einer geflüchteten Frau ein Hausverbot ausspricht. Die Frau war allem Anschein nach nicht zum ersten Mal verbal mit dem Dozenten des Integrationskurses aneinandergeraten, fühlte sich schlecht behandelt. Als die Lehrkraft begann, den Wortwechsel per Smartphone zu filmen, kam es zur Eskalation. Die Frau wurde des Kurses verwiesen und wollte den Raum nicht verlassen, weshalb die Polizei eingeschaltet wurde. So das Bild, welches sich durch die Schilderung der Geflüchteten und der von mir erbetenen Stellungnahme der Direktorin der VHS ergibt. Ich habe natürlich versucht, bei der VHS eine Aufhebung des Hausverbots und die Versetzung in einen anderen Kurs zu erwirken. Leider ohne Erfolg. In der Antwort hielt man der Geflüchteten vor, dass sie nicht regelmäßig am Kurs teilgenommen habe. Die Geflüchtete wiederum argumentiert, dass sie teils deshalb nicht kommen hatte können, weil ihre Kinder daheim krank gewesen wären. Das Problem. welches sich nun stellt, ist der Mangel an alternativen Kursangeboten im Landkreis. Für mich bleibt der Eindruck, dass die Geflüchtete hier von der VHS im Stich gelassen wurde. Die Andeutung der Leitung, dass die Geflüchtete aufgrund familiärer Probleme derzeit mit einem Integrationskurs überfordert wäre, halte ich für problematisch. Die mir bekannten Probleme der Familie bestanden zumindest 2021 darin, dass die Kinder der Familie den Selbstmord eines befreundeten, geflüchteten Nachbarn quasi live miterleben mussten und viel darüber sprachen. Fassen wir also zusammen: Die Frau hat es nicht leicht und statt konstruktiven Hilfsangeboten werden ihr immer weiter Steine in den Weg gelegt. Es ist eine Schande!

    Die Last der Unterhaltungsverpflichtungen

    Müde schaute der Geflüchtete aus, als ich ihn dieser Tage vormittags in einem Kreuzberger Cafe traf. Er kam gerade aus der Nachtschicht eines prekären Knochenjobs. Trotz Zulagen darf er sich am Ende des Monat nur über 1400 Euro netto freuen. Und dann ist da noch der Wisch vom Jugendamt, wonach er für seine beiden Kinder, die er wochenends sehen darf, gefälligst Unterhalt zu zahlen hat. Nach Jahren, in denen er von Sozialleistungen abhängig war, gelang ihm diesen Sommer der Einstieg ins Berufsleben. Im Sommer schien noch alles gut zu werden. Er freute sich, endlich arbeiten zu dürfen, selbst ein Zimmer in Berlin hatte er gefunden. Doch nun soll er 232 Euro monatlich an Unterhalt und zudem bereits aufgelaufene Schulden an die Unterhaltsvorschusskasse in Raten bezahlen. Er zeigte mir seine Kontoauszüge, bejammerte gestiegene Wohn- und Stromkosten, zählte mir seine Verpflichtungen – er muss auch seine Familie in der Heimat helfen – auf. Da bleibt für ihn so gut wie nichts. Ich habe jetzt in einem Akt von Ratlosigkeit nochmals um eine Überprüfung des ermittelten Unterhalts angesucht und allerlei Belege hingeschickt. Er schöpfte Hoffnung. Müde freilich war er immer noch.

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    Lache, wenn es nicht zum Weinen reicht

    Es ist wieder einmal Zeit, euch zu berichten, was uns so umtreibt. Wir würden uns sehr freuen, wenn ihr die eine oder andere Minute für diese Einblicke in unser Tun erübrigen könnt.

    Wie immer ist damit die Bitte um Unterstützung verbunden. Die Zeiten sind hart und natürlich dreht man jetzt jeden Spendenpfennig mehr als dreimal um. Wenn ihr etwas entbehren könnt und wollt, zögert bitte nicht. Ohne falsche Bescheidenheit: Unser Einsatz ist oft der letzte Strohhalm für Geflüchtete! Hier der Link: https://paypal.me/neukoellnhilft

    Briefe im Zug nach Nirgendwo

    Beginnen wir mal mit einer Geschichte aus der Kategorie Pleiten, Pech und Pannen. Im August habe ich mir die Finger wund geschrieben, um einen Geflüchteten aus dem gröbsten Schlamassel rauszupauken. Ein Brief an eine Staatsanwaltschaft, ein Wisch an ein Amtsgericht und zwei Schriebe an Inkassofirmen. Der Geflüchtete, dem ich da helfen musste, ist kein schlimmer Finger. Nur jemand, der ein Jahr lang keine Briefe geöffnet hatte und etwa wegen wiederholtem Fahren ohne gültigem Ticket ordentlich in die Bredouille geriet. Keine Frage, das wäre eigentlich ein Fall für einen Anwalt gewesen. Der Sturkopf wollte jedoch partout keinen Anwalt haben. Ich war eigentlich recht zuversichtlich, dass sich schon alles lösen lassen würde. Spätestens seit Ende September begann ich mir jedoch Sorgen zu machen. Der Geflüchtete war telefonisch schwer bis gar nicht erreichbar, ließ vereinbarte Termine platzen und schien leider wieder dem Alkohol zuzusprechen. Längst hatten sich Antwortschreiben angesammelt, die er mir zeigen wollte. Und natürlich kam, wie es kommen musste. Ein erneuter Anlauf eines Treffens gipfelte darin, dass der Geflüchtete die Tasche mit den Briefen der vergangenen Wochen, zehn Stück sollen es gewesen sein, im öffentlichen Nahverkehr verlor. Und seither nicht wieder bekam. Nun also gilt es, die angeschriebenen Behörden und Inkassofirmen nochmals zu kontaktieren. Das wird ein Spaß. Traurig freilich ist, dass der Geflüchtete eigentlich ein sehr helles Köpfchen mit charismatischem Auftreten ist. Wie schade, dass ihn Arbeitsverbote in die Perspektivlosigkeit driften haben lassen. Und der Alkohol tut sein Übriges!

    Ding-Dong-Ping-Pong

    Geflüchtete haben eine Mitwirkungspflicht bei der Feststellung ihrer Identität. Wer keine Bemühungen bei der Passbeschaffung nachweisen kann, kommt über eine Duldung nicht hinaus. Doch wie sieht die Chose aus, wenn Ausländerbehörden selbst die Passbeschaffung sabotieren? Wir sind gerade mit zwei Fällen konfrontiert, bei denen zwei brandenburgische Ausländerbehörden die beigebrachten Originale von Geburtsurkunden einbehalten haben und den Geflüchteten lediglich eine mit Stempel versehene Kopie ausgehändigt haben. Doch ein Ding Dong bei der Botschaft bringt halt leider nichts. Weil besagte Botschaft gerne das Original der Geburtsurkunde vorgelegt bekommen will. Und wenn die Geflüchteten dann mit dieser Info bei der Ausländerbehörde aufschlagen, bekommen sie das Original der Geburtsurkunde freilich nicht ausgehändigt, sondern werden erneut an die Botschaft verwiesen. Dieses Ding-Dong-Ping-Pong vermochte bisher auch ein hinzugezogener Anwalt nicht zu durchbrechen. Da mit den Duldungen in beiden Fälle auch explizite Arbeitsverbote einhergehen, sind die seit mehr als 7 Jahren in Deutschland befindlichen Geflüchteten zur Untätigkeit verdammt. Könnt ihr euch ausmalen, wie es diesen beiden Menschen geht?

    Elephant in the room

    Machen wir uns nichts vor, Lösungen lassen nicht nur dann finden, wenn Geflüchtete im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch daran mitwirken. Und natürlich gibt es Geflüchtete, die sich zu sehr darauf verlassen, dass man Probleme schon irgendwie für sie löst. Doch gibt es auch den umgekehrten Fall. Dass Geflüchtete von mehreren Seiten Unterstützung bekommen. Aber eben nicht in dem Maße, welches nötig wäre, um die Lebenssituation nachhaltig zu bessern. Der Geflüchtete, um den es nun konkret geht, hat mindestens eine Handvoll Unterstützer, an die er sich wenden kann. Trotzdem hat sich seine Situation wieder einmal zugespitzt. Er steht Anfang Dezember ohne Zimmer da. Seit einigen Monaten schon ist er mal hier und da untergeschlüpft, eine dauerhafte Lösung fand sich nie. Eine Kirchengemeinde half ihm mit einer Meldeadresse aus, wodurch zumindest sichergestellt wurde, dass er nicht zum U-Boot wird. Doch das bessert seine Situation kaum. Er verfügt zwar über einen langfristigen Aufenthaltstitel. In der Welt prekärer Jobs lässt er sich auch nicht unterkriegen. Zugleich kommt er mit essentiellen Dingen überhaupt nicht zurecht. Er schafft es zum Beispiel nicht, eigenständig eine Banküberweisung vorzunehmen. Er scheitert an Bürokratie. Er muss an Termine bei Fachärzten erinnert werden. Doch verpasst er diese auch. Zu besonders wichtigen Terminen wird er, der seit drei Jahren eine schwerwiegende Erkrankung hat, oftmals begleitet. Eine Lösung wäre wohl eine gesetzliche Betreuung, doch diesen Elephant in the room spricht niemand an. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Der Geflüchtete ist nicht doof, ihm fehlt es halt an Konzentration und Eigenständigkeit. Momentan bin ich gerade wieder dran, ihm aus der Patsche zu helfen. Er hat vermutlich in einer Behörde in Berlin seinen Aufenthaltstitel verloren. Verlustanzeige ist gemacht, Fundbüro ist angeschrieben und auch die Ausländerbehörde wurde um einen zeitnahen Termin für die Neuausstellung des Aufenthaltstitels gebeten. Einen WBS-Antrag zur Lösung seiner Wohnsituation habe ich ebenfalls ausgefüllt. Doch selbst wenn sich auf wundersame Weise eine Wohnung für ihn findet, der Elefant im Raum wird mit einziehen.

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    3-mal Stirnrunzeln!

    Geht bitte weiter! Es gibt außer Sorgenfalten heute nichts zu sehen. Und die Sorgenfalten findet man derzeit ohnehin an jeder Straßenecke. Es gibt also wirklich nichts zu sehen. Falls ihr doch weiterlesen wollt, tut euch keinen Zwang an.

    Vorab wie immer die Bitte: Wenn ihr in schwierigen Zeiten Geld übrig habt, wären wir sehr dankbar. Auch wir merken die schweren Zeiten, diesen Monat hatten wir Spenden von knapp über 100 Euro zur Verfügung. Unser Spendenlink: https://paypal.me/neukoellnhilft

    Die erste Sorgenfalte widmen wir heute der Agentur für Arbeit Zossen. Ein Geflüchteter hatte einen bis 05.07.2022 befristeten, zweijährigen Arbeitsvertrag. Obwohl er eigentlich auf eine Verlängerung hoffte, meldete er sich den Vorschriften entsprechend laut Arbeitsagentur am 06.04.2022 als arbeitssuchend. Tatsächlich wurde sein Vertrag nicht verlängert. Nach knapp über einem Monat Arbeitslosigkeit hat er inzwischen wieder einen Job gefunden. Nun flatterte ihm aber ein Brief der Arbeitsagentur ins Haus. Es ging um eine Anhörung bezüglich Sperrfrist, weil er sich laut Agentur für Arbeit einen Tag zu spät arbeitssuchend gemeldet habe. Eine diesbezügliche Meldung hat nämlich spätestens 3 Monate vor dem Ende des Arbeitsvertrages zu erfolgen. Der Geflüchtete ist fest davon überzeugt, dass das Eingangsdatum seiner Meldung falsch ist, diese am 05.04. erfolgt sei. Aber Sperrfristen werden halt gerne reingewürgt, weil auf diese Weise eine Woche Arbeitslosengeld nicht ausgezahlt werden muss. Nun kann man argumentieren, dass Gesetz halt Gesetz ist. Aber wegen einem vermaledeiten Tag gerade jetzt jemanden ohne Rücklagen in eine finanzielle Schieflage zu bugsieren, ist schlicht und ergreifend Mist. Großer Mist!

    Die zweite Sorgenfalte gehört der Ausländerbehörde in Oranienburg, die der Landkreis Oberhavel euphemistisch Servicepunkt Migration nennt. Ein Geflüchteter, in seiner Heimat Lehrer gewesen, lebt seit 5 Jahren in Deutschland. Er hat nur eine Duldung, das bedeutet, dass Beschäftigung höchstens mit Genehmigung der Ausländerbehörde gestattet ist. Geflüchtete müssen erst einen Arbeitgeber finden, der ein verbindliches Arbeitsangebot zur Vorlage bei der Ausländerbehörde abgibt und zudem bereit ist, darauf zu warten, bis die Ausländerbehörde grünes Licht gibt. Falls sie es denn tut. Nun schien es, als habe der Geflüchte nach zahlreichen Anläufen endlich Glück. Das Vorstellungsgespräch bei einer Zeitarbeitsfirma lief gut. So gut sogar, dass die Zeitarbeitsfirma versprach, alles mit der Ausländerbehörde zu klären. Im August machte sich der Geflüchtete nach Baden-Württemberg auf, um dort als Lagerhelfer zu arbeiten. Vor einigen Tagen kam er zurück nach Brandenburg, um seine Duldung verlängern zu lassen. Und er staunte nicht schlecht. Bei der Ausländerbehörde wusste man angeblich nichts von seiner Arbeitsaufnahme und schrieb gleich ein Beschäftigungsverbot in die Duldung rein, man drohte ihm mit weiteren Konsequenzen. Jetzt ist er fassungslos und hilflos und ein Häufchen Elend. Weshalb er das Geld von der Arbeit gut gebrauchen könnte? Beispielsweise um seinen Anwalt zu bezahlen, der von ihm noch über 700 Euro einfordert. Übrigens, der Anwalt wurde vor langer Zeit schon gebeten, mit der Ausländerbehörde in Kontakt zu treten, um einer Zustimmung zur Arbeitsaufnahme den Weg zu ebnen. Damals hat er keinen Finger gerührt. Bezahlt werden will er trotzdem. Von welchem Geld?

    Die dritte Sorgenfalte ist höherer Gewalt geschuldet. Der schon mehrfach erwähnte Umzug der leidgeprüften Mutter mit Kind von Niedersachsen nach Berlin geht uns auch an die Nieren. Was eigentlich gut eingefädelt war, entpuppte sich auch durch höhere Gewalt nun als Show der Pleiten, Pech und Pannen. Ein Treppensturz der Mutter hat eine fristgerechte Übergabe der alten Wohnung verhindert. Eine schmerzhafte Entzündung mit mehren Arztbesuchen tat ihr Übriges. Die Vermieterin der alten Bruchbude zeigte sich völlig unkooperativ und überhäuft sie mit Nachforderungen. Das abgebende Jobcenter reagiert auf Ansuchen sehr träge. Vom neuen Jobcenter hier in Berlin ist auch noch kein Geld geflossen. Wir kommen aus dem Fluchen nicht raus. Diese Woche steht nun die finale Schlüsselübergabe an, mit weiteren Eskalationen ist zu rechnen. Der einzige Lichtblick ist, dass sich das Kind gut in die neue Schule eingewöhnt hat und Lernfortschritte macht. Wenigstens unter diesem Aspekt hat sich der Umzug gelohnt. Sobald auch die Mutter nach vorne schauen kann, wollen wir sie ans Familienzentrum Balance anbinden. Es wird Zeit, dass es aufwärts geht!